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bleibt, wenn man der Seele ans den Grund schauen könnte, immer nur 
ein Versuch das innere Leben an die Oberfläche zu fördern. Und wie 
wenige wissen dies Instrument zu benutzen ! Bei wie vielen, die die Sprache 
nicht zu handhaben vermögen, bleibt gerade das Beste ihres Wesens ver¬ 
schlossen! Und selbst diejenigen, die ihren Empfindungen, ihren Gedanken, 
ihren Vorstellungen den denkbar besten Ausdruck zu geben vermöchten, 
sind in dem Leben der Wirklichkeit völlig außer stände ihre Seelen ganz 
offen zu legen, und wollten sie cs versuchen, so wäre es Ziererei und 
Geschmacklosigkeit. Wir verständigen uns mit bestimmten, allgemein ange¬ 
nommenen Begriffen, ohne diese in dem Augenblick, wo sie ausgesprochen 
werden, jedesmal aufs neue wieder zu zergliedern und nachzuspüren, 
welche Bilder, welche Vorstellungen in der Seele des Sprechenden ge¬ 
weckt werden, wenn er dies oder jenes Wort ausspricht. Hier setzt nun 
gerade die poetische Sprache ein. Nicht umsonst nennt man den Dichter 
den Hcrzensknndiger. Nicht was ein bestimmter Charakter in einem gege¬ 
benen Momente wahrscheinlich gesagt haben würde, spricht er aus — 
sondern was bei dem Aussprechen dieses oder jenes Wortes sich in der 
Seele des Redenden bewegt haben muß. Die poetische Sprache gibt also 
unendlich viel mehr als die Sprache der Wirklichkeit. Wo diese nur ein 
leeres Wort, einen trockenen Begriff gibt, da gibt jene eine blühende Vor¬ 
stellungsreihe; wenn jene uns gewissermaßen den Fruchtkern reicht und uns 
damit abspeisen will, so gibt diese uns den im Kerne verborgen schlummern¬ 
den Baum mit allen seinen Blättern und Früchten. Es bedarf gar keiner 
besonderen Ausführung, daß, um ein berühmtes Beispiel- zu nennen, 
Macbeth seiner Gattin seinen Vorsatz, den Banquo ermorden zu lassen, 
in dem Leben der Wirklichkeit nun und nimmer in der Weise mitgeteilt 
haben könnte, wie er es im Drama tut: 
Noch eh die Fledermaus 
Den klösterlichen Flug beendet, eh 
Noch auf den Ruf der dunkeln Hekate 
Der hornbeschwingte Käfer, schläfrig summend, 
Mit gähnendem Geläut die Nacht verkündet, 
Wird eine Tat furchtbarer Art geschehn. 
So spricht im Alltagsleben selbst der phantasievollste Mensch nicht. 
Darauf kommt cs aber auch gar nicht an. Entscheidend ist nur, ob in 
der Seele Macbeths die vom Dichter wiedergegebenen Vorstellungen rege 
sein konnten und mußten. Und diese Frage wird niemand verneinen. 
„In der Dämmerstunde wird Banquo im Park ermordet" — diese dürre 
Tatsache erscheint vor der Seele des jede Situation stets lebhaft im ein¬ 
zelnen anschauenden Macbeth in ihrer eigenartigen, geheimnisvollen Um¬ 
gebung. Der Begriff der Dämmerung weckt ihm bestimmte Vorstellungen, 
die wiederum der Szenerie, in der die Untat begangen wird, auf das
	        
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