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gehabt. Diese beiden Grundpfeiler der Republik mußten erhalten bleiben. 
Das Volk kam wenigstens unter Augustus noch immer zu den Wahlen 
zusammen. Der Senat wurde neu konstituiert. Es ist der Mühe wert 
sich zu vergegenwärtigen, wie das geschah. 
Eigentlich waren es doch die Rechte des Senats, deren Erneuerung 
durch Sulla die späteren Kämpfe, schon in den Zeiten des Pompejus, noch 
mehr in denen Cäsars, hervorgerufen hatte. Der alte Senat war durch 
Cäsar so gut wie zerstört. Durch die von ihm ernannten Beamten wurde, 
indem sie nach Ablauf ihres Amtsjahres ausrückten, ein neuer Senat ge¬ 
gründet und dann durch die Aufnahme heterogener Elemente, die zum Teil 
auch der alten Ordnung der Dinge angehörten, zu einer respektablen 
Staatsgewalt fortgebildet. 
Es liegt wohl in dem Prästigium einer einmal begründeten Korpo¬ 
ration, daß die republikanische Idee in dem Senat, wenn nicht gleich bei 
der Ermordung Cäsars, doch nach derselben, die Oberhand behielt. Sie 
ist aus dieser Stufe durch Cicero repräsentiert worden. Eben gegen diese 
Sinnesweise waren die Proskriptionen gerichtet. Alles wurde vernichtet, 
was derselben anzuhängen schien. Ihr Ansehen hatten die alten Formen 
noch keineswegs verloren, wie man aus der Stellung sieht, die Lucius 
Antonius einnahm. So fand Augustus, als er zur höchsten Gewalt ge¬ 
langt war, den Senat; aber er sah sich in dem Fall ihn zu reinigen und 
gleichsam neu zu konstituieren. 
Augustus stellte eine Anzahl Senatoren auf, in die er ein voll¬ 
kommenes Vertrauen setzte, für deren Tadellosigkeit er selbst sein Wort 
verpfändete, und die dann wieder andere nominierten, so daß sich eine 
Art von Kooptation ergab, in die aber Augustus zuletzt persönlich eingriff. 
Daß hierbei alles nach seinem Wunsche hergegangen sei, läßt sich an 
sich nicht vermuten. Er mußte wohl verzeihen, sagt Seneca, denn, wenn 
er nicht verzeihen wollte, über wen konnte er herrschen? Eine Anzahl der 
angesehensten Senatoren stammte aus dem Heerlager der Feinde. Wir 
finden sogar die Überlieferung, daß Augustus zu Zeiten nur durch einen 
Harnisch gegen plötzlichen Anlauf gesichert und von einer Anzahl ergebener 
Senatoren umgeben im Senat zu erscheinen gewagt hat, fast als hätte er 
das Schicksal Cäsars zu fürchten gehabt. Er mußte sich hüten durch allzu 
viel Ausschließungen sich Haß zuzuziehen. Er ließ den Ausgeschlossenen 
senatorischcn Rang und die mit demselben verbundenen Vorteile. Dabei 
bleibt es immer, und man darf es nicht vergessen, wenn man Augustus 
beurteilen will, daß er den Senat nicht willkürlich und von Grund aus 
umwandelte, sondern unter Mitwirkung der Senatoren selbst. Für die 
laufenden Geschäfte bedurfte er der Unabhängigkeit dieser Körperschaft, da 
sie durch ihr Votum ihn selbst autorisierte. Einige wichtige Kompetenzen 
blieben dem Senat vorbehalten; er war vor allem eine konsultative Be-
	        
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