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Horde, deren Votum einst entscheidende Kraft gehabt hatte und eben darum 
noch immer ein großes Gewicht besaß. Doch war zugleich dafür gesorgt, 
daß dieselbe keine systematische Opposition bilden konnte. Augustus selbst 
war wie Cäsar princeps senatus; er gab sein Votum entweder zuerst oder 
zuletzt ab. Von ihm stammte in der Regel die Initiative bei den Bera¬ 
tungen. Wenn es vorkam, daß auch von anderer Seite Anträge ein¬ 
gebracht wurden, so fragte man doch erst bei dem Princeps an, ob denselben 
Folge gegeben werden sollte. In seinen letzten Jahren ließ Augustas einen 
Ausschuß aus Senatoren und höheren Magistraten zusammentreten, deren 
Beschlüsse dann soviel gelten sollten als sonst die Beschlüsse des versam¬ 
melten Senats. 
Kommen wir nun auf das Volk. Noch immer bestand dessen vor¬ 
nehmste Kompetenz, über die Ernennung zu den höchsten Stellen der 
Magistratur zu votieren; noch immer fanden Komitien zu diesem Zwecke 
statt. Allein diese Befugnis wurde doch durch das Vorrecht der höchsten 
Gewalt, das dabei eintrat, beinahe illusorisch: der Abstimmung ging eine 
Prüfung der Qualifikation der Kandidaten voraus. Nur die wurden 
zugelassen, welche von dem Princeps gebilligt worden waren. Man be¬ 
warb sich weniger um die Stimine des Volks als um die Nomination 
oder auch um die Empfehlung — denn auch eine solche wurde nach dem 
Muster Cäsars vorbehalten — des Inhabers der höchsten Gewalt. Wie 
konnte es nun dennoch geschehen, daß der neu entstehende Prinzipat dem 
Volke angenehm und selbst erwünscht war? Es beruht auf der tribunizischen 
Gewalt, nicht sowohl nach ihren Formen, die ohnehin außer Gebrauch 
gesetzt wurden, als nach dem Begriffe, von welchen sie ausgegangen war. 
Wir sehen das aus der Leichenrede des Antonius. Die tribunizische Ge¬ 
walt, in dem Inhaber derselben unverletzlich, gewährte den Mitgliedern 
der Gemeinde den Schutz, dessen sic gegen die Mächtigen bedurften. Darin 
liegt das populäre Prinzip des Fürstentums überhaupt; der gemeine Mann 
muß einen Rechtsschutz haben, auf den er sich verläßt. Dazu war das 
Tribunal in Rom ursprünglich bestimmt; es verknüpft gleichsam die Jahr¬ 
hunderte, daß diese in langem Kampf errungene volkstümliche Stellung 
dem Inhaber der höchsten Autorität anheimfiel. Das Recht der Jnterzession 
hatte in Bezug aus mißfällige Beschlüsse, die der Senat trotz aller Vor¬ 
kehrungen fassen konnte, eventuell großen Wert. 
Die tribunizische Gewalt war das vornehmste Fundament des Prin¬ 
zipats in bürgerlichen Angelegenheiten. Sie ist immer als die vornehmste 
Prärogative der höchsten Gewalt angesehen worden. Deren eigenste Basis 
aber bildete die militärische Autorität. Alle Legionen leisteten dem Im¬ 
perator den Eid; sie wurden durch Aushebungen ergänzt, die in seinen 
Händen lagen; sie bezogen ihre Löhnung aus der Privatkasse des Im¬ 
perators, der zugleich ein Grundeigentum von unermeßlichem Umfang
	        
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