fullscreen: Deutsche Dichtung in der Neuzeit (Abt. 2)

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entschiedenen Vorgehen in einer bestimmten 
Richtung veranlaßt; es ist dies das er¬ 
regende Moment. Oft ist dieses zweimal 
und zwar in verschiedener Weise ausgeprägt, 
wenn nämlich die Bestrebungen sowohl des 
Helden als auch seiner Gegner in Thätig¬ 
keit gesetzt werden. So beginnen Kampf 
und Gegenkampf, Spiel und Gegen- ! 
spiel, zunächst in aufsteigender Linie bis 
zu der Stelle, wo der Held oder wo seine 
Gegner, je nachdem jener oder diese Führer 
der Handlung sind, ein bestimmtes, vor¬ 
läufiges Ziel erreichen. Diese Stelle ist 
der Höhepunkt des Dramas. Der Höhe¬ 
punkt wird meist in mehreren Stufen er¬ 
reicht, die als solche durch ihren inneren 
Zusammenhang empfunden werden. Die 
einzelne Stufe kann aus einer einzigen 
Scene bestehen; meistens setzt sie sich aus 
verschiedenen Scenen (Hauptscene, Neben¬ 
scene) zusammen. Gewöhnlich enthält der 
erste Akt außer der Einleitung noch die 
erste Stufe der Steigerung, der zweite Akt 
bringt die folgenden und der Anfang des 
dritten Aktes die letzte Stufe. Es geschieht 
aber auch wohl, daß mitten in eine Stufe 
ein Aktschluß fällt. 
Nach dem Höhepunkt (im dritten Akte) 
kann die Handlung unmittelbar umwenden; 
in der Regel wird aber die fallende Hand¬ 
lung durch ein bedeutsames Ereignis ein¬ 
geleitet. welches alsU m s ch w u n g (Peripetie), 
in der Tragödie als tragisches Moment 
bezeichnet wird. Höhe und Umschwung lie¬ 
gen demnach nahe an einander, oft sogar 
in derselben Scene. In der Richtung, die 
das tragische Moment oder die mit der 
Höhe zusammenfallende Wendung bezeichnet, 
verläuft nunmehr die fallende Handlung, 
und zwar, der Natur der Sache entsprechend, 
meist in raschem Gang. Während in der 
steigenden Handlung die Führung gewöhn¬ 
lich in der Hand des Helden liegt, tritt 
nun das Gegenspiel in den Vordergrund. 
Vor dem Eintreten der Katastrophe wird 
dann wohl in einer großen Scene der Held 
in seiner ganzen Bedeutung noch einmal 
zur Geltung gebracht, damit sein Unter¬ 
gang zu erschütternder Wirkung kommt. 
Verstärkt wird diese Wirkung gelegentlich 
noch durch eine überraschende Wendung, 
etwa ein neues Hindernis, das die fried¬ 
liche Lösung zu vereiteln droht, oder eine 
Aussicht auf Rettung des bereits verlorenen 
Helden; es ist das Moment der letzten 
Spannung. Im Schlußteile, der Ka¬ 
tastrophe, entscheidet sich der Kampf. Der 
Held hat gesiegt, oder er geht im Kampfe 
zugrunde. 
6. Die poetische Form des Dramas ist 
verschieden. Für das deutsche Drama isb 
mit wenigen Ausnahmen der fünffüßige 
Jambus geltend geblieben. Auch haben 
sich die dramatischen Dichter nicht selten 
der Prosa bedient; zu einem Kunstwerke im 
besten Sinne des Wortes wird das Drama 
aber erst durch die rhythmische Form. Die 
Form der Rede ist der Dialog, Rede und 
Gegenrede, welche die Motive der Hand¬ 
lung und ihre Zwecke in das richtige Licht 
setzen und die wirkenden Mächte offenba¬ 
ren, die im Gemüte des Helden zur Gel- 
tung kommen. Auch der Monolog, das 
Selbstgespräch, ist im Drama berechtigt, 
insofern er die inneren Tiefen des Charak- 
ters klarlegt und dadurch den Dialog er¬ 
gänzt oder im entscheidenden Momente die 
Gründe enthüllt, welche im Innern des 
Helden zur Entscheidung drängen. Oft macht 
er auch die Zuschauer mit Gedanken und 
Plänen des Helden bekannt, welche aus 
irgend welchem Grunde den Personen des 
Stückes verborgen bleiben müssen. 
7. Das Drama ist nicht zum Lesen, son¬ 
dern zur Aufführung bestimmt. Es muß 
daher bühnengerecht sein, d. h. es darf 
nichts enthalten, dessen Darstellung mit 
den Mitteln der Bühne unmöglich ist. Ein 
solches Mittel ist die Scenerie, welche dazu 
dient, den Schauplatz der Handlung mit 
dem Scheine vollster Wirklichkeit darzu¬ 
stellen. Auch darf ein Drama nicht zu lang 
sich ausdehnen, wenn nicht die Aufmerk¬ 
samkeit der Zuhörer erlahmen soll; im all- 
geineincn dürfte die Darstellung eine Zeit 
von drei bis vier Stunden nicht über¬ 
schreiten. 
8. Im Drama handelt es sich entweder 
um einen Kampf für eine höhere Idee, 
welche der Held des Dramas mit der ganzen 
Wucht seiner Persönlichkeit bis an den Tod 
verficht, oder aber um Erreichung endlicher 
Zwecke, für welche der Held des Dramas 
mit kleinen oder kleinlichen, aber für be¬ 
deutend gehaltenen Mitteln kämpft. Im 
ersten Falle haben wir die Tragödie, 
im letzteren die Komödie. Zwischen diesen 
beiden Hauptarten des Dramas in der 
Mitte steht das Schauspiel, ein Drama, 
in welchem der Kampf sich nicht zu einem 
tragischen Ausgang steigert, sondern mit 
einer glücklichen Wendung schließt, welche 
den Helden sein Endziel erreichen läßt. In¬ 
sofern dieser Kampf nun mit der ganzen 
Kraft des Tragischen wirkt, kann das Schau¬ 
spiel auch auf der Höhe der Tragödie 
stehen; anders ist es mit den „bürgerlichen 
Rührstücken", in denen mit Rücksicht auf 
die weinerliche Schwäche des Publikums 
I schließlich „jeder mit heiler Haut davon-
	        
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