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Ernst Curtius. 
gegeben von Arbeit und Ruhe, eine weise Ausgleichung zwischen den 
Ansprüchen des Lebens und dem Anrechte Gottes an das Menschenherz, 
und während die Hellenen ihrem Festliede die Zaubergewalt zuschrieben, 
auch die Götter in den Genuß menschlicher Muße hereinzuziehen, 
heiligt bei dem Volk der Theokratie Gott die Muße der Menschen, 
indem er auch in der Sabbathruhe ihr Vorbild ist. 
Auf der mosaischen Stiftung ruht die Lebensordnung, welche 
allen neueren Kulturvölkern gemeinsam ist, befreit von dem Charakter 
pharisäischer Werkheiligkeit und durch die Osterweihe zu neuer Be¬ 
deutung verklärt. 
Sie hat sich bewährt als eine Ordnung, welche die praktische 
Thätigkeit nicht beeinträchtigt, sondern die Volkskraft erhält und steigert. 
Sie ist unentbehrlich, wenn das religiöse Gesamtleben eines Volks zum 
Ausdruck kommen soll; sie ist eine stete Mahnung, daß der Mensch 
zweien Welten angehört, und daß er nicht, ohne unersetzlichen Schaden 
an seiner Seele zu nehmen, in die Unruhe des Sichtbaren aufgehen 
kann. Wo diese Lebensordnung gehalten wird, ist sie der schönste 
Schmuck von Stadt und Land, denn alles Schöne und Erfreuende 
beruht im Leben wie in der Kunst auf der die Bewegung regelnden 
Ordnung und auf der rhythmischen Gliederung des Mannigfaltigen. 
Darin unterscheidet sich ja das Geistige vom Tierleben, das Beseelte 
von der mechanischen Bewegung. Darum giebt es nichts Unschöneres 
als ein wüstes Einerlei regelloser Vielgeschüftigkeit, wenn das Menschen¬ 
leben einem Ameisenhaufen gleicht, wo Tag aus, Tag ein alles in un¬ 
unterbrochener Hast an einander vorüberrennt. 
Der richtige Wechsel von Arbeit und Muße, auf dem die Ge¬ 
sundheit und Anmut des Lebens beruht, tritt da am sichersten ein, 
wo der Lebensberuf eine äußere Thätigkeit fordert. Da regelt sich der 
Wechsel von selbst; jede Pause wird als eine Wohlthat empfunden, 
weil sie dem Menschen die Freiheit giebt, sich dem hinzugeben, was 
seinem Herzen lieb ist; jeder Tag hat seinen Feierabend, der wie 
ein milder Tau auf die Erde kommt, und wer im Süden gelebt 
hat, wo die Menschen naturgemäßer ihr Dasein einrichten, der weiß, 
welche Poesie in der Abendstunde liegt, wenn die Glocken zum Ave 
Maria anschlagen und eine selige Ruhe über Stadt und Land sich 
ausbreitet. 
Viel schwieriger wird die Lebensführung, wo die Teilung zwischen 
Arbeit und Muße keine gegebene ist, wo das ganze Leben dem ge¬ 
widmet ist, was bei der großen Mehrzahl der Menschen, die überhaupt 
zu einem geistigen Leben erwacht sind, den Inhalt glücklicher Muße¬ 
stunden bildet. Sie sind wohl die wahrhaft Freien, sie wandeln gleich¬ 
sam in einer höheren und reineren Atmosphäre, unbenommen von den
	        
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