Ein Mahnruf in der Wohnungsfrage. 
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eingerichtetes Kost- und Logierhaus, in dem 1500 männliche Arbeiter 
Platz haben. Die Arbeiter drängen sich nach den gesunden, gut ein¬ 
gerichteten Wohnungen zu 88 bis 154 Mark Miete. Die Mansfelder 
kupferschieferbanende Gesellschaft mit ihren 17000 Arbeitern hat große 
Schlafhäuser gebaut, dann Arbeiterwohnungen für 3 bis 400 Familien, 
(zu 36 bis 72 Mark jährliche Miete), außerdem giebt sie billigen Grund 
und Boden, Darlehen und Prämien zum Hausbau, wodurch sie bis 
Dezember 1883 738 Häuser für 1017 Familien ins Dasein rief. 
Auch Kommunen haben nach dieser Seite sich ausgezeichnet. Die 
Stadt Osnabrück besitzt ein Bergwerk mit 700, Steinbrüche mit 300 
Arbeitern. Da sich der Hausbau durch die Arbeiter selbst nicht be¬ 
währte, errichtete die Stadt nach und nach 131 Häuser mit 250 
Wohnungen zu jährlich 76 bis 96 Mark Miete in eigenen Kolonien, 
mit Gärtchen, so daß die Leute Kühe und Schweine halten können; 
das aufgewendete Kapital verzinst sich in der Miete nicht ganz, wohl 
aber in dem Vorzug eines Arbeiterstammes, wie er nicht leicht bei 
anderen Bergwerken gefunden wird. 
Von anderen Etablissements, die sich durch Bau von guten 
Wohnungen ausgezeichnet, seien noch erwähnt: die Mechanische Baum¬ 
wollspinnerei und -Weberei in Augsburg, die Norddeutsche Jutespinnerei 
und -Weberei bei Schiffbeck (400 Arbeiter, 200 Wohnungen), die Schiffs¬ 
werft, Eisengießerei und Maschinenfabrik der Gebrüder Howald bei Kiel. 
Wo die Etablissements ihre Wohnungen nur vermieten, stellen sie 
regelmäßig die Bedingung, daß der Mieter zugleich in dem Arbeits¬ 
verhältnis verbleibe. Das kann zu einer tadelnswerten Abhängigkeit 
führen, muß es aber nicht. Wo die Unternehmer den Eigentumserwerb 
begünstigen, thun sie es meist unter beschränkenden Klauseln. Sie müssen 
sich für gewisse Fälle ein Rückkaufsrecht vorbehalten oder vorschreiben, daß 
der Verkauf der in ihren Kolonien liegenden Häuschen nur an einen Berg¬ 
mann des Bergwerkes, an einen Arbeiter des Etablissements erlaubt sei. 
Wenn diese ganze segensreiche Thätigkeit der großen Arbeitgeber 
überwiegend auf das platte Land und kleinere Städte sich bezieht, so 
ist sie doch auch in größeren Städten und ihrer Umgebung keineswegs 
ausgeschlossen. Hat es doch an Stimmen nicht gefehlt, die jedem 
großen industriellen Geschäft die Verpflichtung auferlegen möchten, für 
eine bestimmte Anzahl Arbeiterquartiere zu sorgen. Jedenfalls ist es 
wünschenswert, daß auch auf diesem Gebiete energisch weitergearbeitet 
werde, daß der Osten Deutschlands dem rheinischen und westdeutschen 
Vorbild mehr als bisher nacheifere. — 
Die Baugenossenschaften der Arbeiter und kleinen Leute, die auch 
für Deutschland lange von V. A. Huber, Schulze-Delitzsch und anderen 
als das wichtigste Mittel der Verbesserung der Wohnnngsverhältnisse
	        
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