Heinrich von Sybel. 
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Ade Germania! Ihrem Sohne beschied ein wundervolles Geschick, den 
Morgen eines langersehnten neuen Tages über sein Volk heraufzuführen, 
mit seinem guten Schwerte die Herrlichkeit des deutschen Reiches wieder auf¬ 
zurichten. An dem Grabe seiner Eltern — wir alle erlebten es ja mit tief 
erschüttertem Herzem — hat der Sohn sich Mut und Kraft gesucht für die 
Schlachten des großen Krieges, für den steilen Weg zur kaiserlichen Krone. 
Fern sei es von uns, heute einen verjährten Haß gewaltsam zu 
beleben, der seinen Sinn verloren hat, seit Frankreich längst die Buße 
seiner Schuld gezahlt, oder dies und jenes Wort der Königin leicht¬ 
fertig auszubeuten für die Parteizwecke der Gegenwart. Wir werden 
das Andenken der Mutter unseres Kaisers dann am würdigsten ehren, 
wenn wir auch in den Tagen der Siege die Demut des Herzens und 
die stolze Geringschätzung der endlichen Güter des Lebens uns erhalten, 
wenn wir in diesem männischen Jahrhundert, unter den Hammerschlägen 
hastiger Arbeit und dem Lärmen der politischen Kämpfe die alte deutsche 
ritterliche Ehrfurcht vor Frauensitte und Frauenanmut uns bewahren, 
vor jenen menschlichen Tugenden, welche dem Ruhm und der Macht 
der Völker allein die Gewähr der Dauer geben. — 
Am Denkmal Steins?) 
Nassau, 9. Juli 1872. 
Heinrich von Sybel, Vortrüge und Aufsätze. Berlin, Allgemeiner 
Verein für deutsche Litteratur. 
Den Mann, dessen Bildnis wir heute enthüllt haben, nannten seine 
Zeitgenossen 
des Guten Grundstein, 
des Bösen Eckstein, 
der Deutschen Edelstein. 
So ist sein Andenken auf die bewundernde und dankbare Nachwelt 
hinübergegangen; so wird es wachsend forterben auf die kommenden 
Jahrhunderte, und so lange sein Geist und seine Gesinnung im deutschen 
Volke lebendig ist, so lange wird der stolze Bau des deutschen Staates 
feststehn wie auf Urgranitstein gegründet. 
Es ist nicht nötig, an diesem Weihetage das äußere Leben des 
Freiherrn Karl von Stein im einzelnen zu erzählen: es steht 
leuchtend im Gedächtnis des Volkes und der Welt, und so genügt es, 
hier nur an die wichtigsten und bezeichnendsten Momente zu erinnern. 
*) Diese Rede erschien zuerst (1872) als Einzelausgabe im Verlage von 
Friedrich Cohen in Bonn, mit dessen gütiger Bewilligung die Aufnahme erfolgt ist. 
M. Herrschte, Deutsche Prosa. 5
	        
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