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die Hand drückten und ordentlich sich bedankten für gute Be¬
wirtung: „Nit raus! Nit raus!"
120 „Wird sich finden," sagte mein Alter. „Wird sich finden!"
schrien meine beiden Jungen.
6. Gut. Nun kamen lange Jahre und immer andere Franzosen.
„Bald ist's genug," brummte mein Gottfried. Und einmal
zogen sie alle hinauf nach Norden, aber zurück kam keiner. Und
125 dann fing's auf einmal an zu rumoren im Lande, und an den
Ecken klebten ganz andere Zettel, die mein Alter immer las, und
wobei er mit dem Kops nickte. Er war die Zeit nicht viel zu
Haus.
Da kam er eines Tages zurück und rief den Ludwig aus der
130 Werkstatt, und sie kamen beide in die Küche zu mir.
„Sieh, Mutter, sagte mein Gottfried, 's ist gut, daß dein
Feuer brennt! Paß auf, Ludchen!" Damit zog mein Alter seine
Zipfelmütze aus der Tasche und warf sie unter meinen Topf, daß
sie verschwelte und das ganze Haus voll Qualm ward; dann
135 ging er mit meinem Ludwig fort und kam allein und ganz still
wieder.
Am andern Morgen zog ein Trupp schwarzer Reiter in die
Stadt — auch durch das Wassertor. Einer kam zu Pferd hier in
die Sperlingsgasse vor unser Haus und stieg ab — mir sank das
140 Herz in die Knie — es war mein Ludwig! —
„Adjes, Mutter! Adjes, Vater! rief er; behüt euch Gott, 's
wird sich schon machen!" — und dann ritt er fort, den andern
nach, die schon durch das Grüne Tor zogen.
„Da geht's nach Frankreich, Alte!" rief mein Mann, während
145 ich heulte und jammerte. Aber es war noch so weit nicht.
Wir hörten lange Zeit nichts, bis eines Tages alle Glocken
in der Stadt läuteten, und auch im ganzen Land, wie sie sagten.
Es war eine große Schlacht gewesen, und Unsere hatten gewonnen,
und mein Ludwig war — tot!
150 „Der erste," sagte mein Alter.
7. Wieder ging die Zeit hin, und einmal kam das Kanonen¬
schießen so nahe, daß die Leute vor das Tor liefen, es zu hören;
natürlich liefen mein Gottfried und ich mit. Da kamen bald aus
der Gegend her, wo es so rollte und donnerte, Wagen mit Ver-