Metadata: Die weite Welt (Schulj. 7 u. 8)

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klettern auf die Bäume und pflücken die schweren Früchte ab, andere 
lesen sie auf und fahren sie in die Arbeitsschuppen. Dort lösen 
Arbeiter die Schale von der Nuß und werfen jene in Wasserlöcher, 
damit die Fasern sich ablösen. Die darauf an der Sonne getrockneten 
Fasern sortiert man nach Farbe und Stärke und verfertigt Seile 
und Stricke daraus. Um sodann aus den Kernen das Öl zu gewinnen, 
spaltet man mit einem Beile die Nuß in zwei Teile und stellt die 
geöffneten Nüsse der Reihe nach in die Sonne, so daß der Kern 
nach oben gerichtet ist. In zwei Tagen ist der Kern trocken; dann 
wird er aus der Schale genommen und in der Mühle gemahlen 
und ausgepreßt. 
5. Ein Palmengarten, den jeder wohlhabende Indier oder Singha- 
lese (Einwohner von Ceylon) beim Hause hat, vertritt also ganz 
unsere Obst- und Gemüsegärten und Saatfelder. Zum Schutze gegen 
Tiere ist er eingezäunt; denn die Palme hat viele Liebhaber. Eich¬ 
hörnchen zernagen die Blütenknospen, Kokoskäfer bohren sich in den 
Stamm, Palmkäferlarven zerfressen die Wurzeln, Elefanten, Affen, 
Wild- und Stachelschweine thun vielen Schaden. Deshalb beaufsichtigt 
man täglich die Gärten, tötet die Tiere, schneidet die Käfer aus 
Wurzeln und Rinde, streicht die Wunden mit Lehm aus und vernichtet 
die Ameisenhaufen. Ist ein Kokospalmenwald gesund und gut erhalten, 
so gewährt er immerhin ein schönes Landschaftsbild, wenn er auch 
an unsere Laubwälder nicht hinanreicht. Unabsehbar steht Baumsäule 
neben Baumsäule wie die Halle eines Domes mit einem grünen Baum¬ 
dach, dessen Kronen sich im Winde schaukeln und sich wie die Wellen 
des Meeres heben und senken. Im Walde herrscht Zwielicht; hier 
und da fällt wohl ein Sonnenstrahl auf die Erde, sonst aber ist's 
halbdunkel und still. Unter den schattigen Blättern hängen schöne 
reife Früchte, darüber die unreifen grünen und noch höher die ganz 
jungen, klein wie Puppenköpfchen. Hoch oben aber steigen die schnee¬ 
weißen, federartigen Blüten empor, die wie Alabaster glänzen und 
grell von dem Dunkelgrün der Blätter und dem Tiefblau des Himmels 
abstechen. 
6. So ist die Kokospalme das wertvollste Geschenk, welches Gott 
der Herr den Tropen gegeben hat. Darum erzählt auch der Hindu: 
„Als Brahma den Menschen aus dem Paradiese verstieß, gab er ihm 
aus Gnade die Kokospalme mit, um ihn draußen nicht verhungern 
zu lassen." Die Palme nährt, tränkt und kleidet den Eingeborenen 
und liefert ihm Stoff zu seiner Wohnung, seinem Haus- und Arbeits¬ 
geräte. Bei der Geburt eines Kindes pflanzt der Vater einige Palmen; 
denn eine Palme liefert achtzig Jahre hindurch einen Monat um den 
andern Früchte, trägt vom fünften Jahre an und hat stets Blüten, 
halb und ganz reife Früchte zu gleicher Zeit. Kokosblüten hängen 
als segenspendende Gaben über der Wiege, und mit ihnen schmückt 
man den Toten, ehe man ihn zur Ruhe siegt. 
Parifiuß
	        
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