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Gefühl des Sinkens; das Brodeln und Rauschen des Wassers am Turm hört
auf, und die Fensterchen tauchen in das grüne Wasser. Langsam schiebt sich
der Zeiger am Manometer vorwärts; dann legt sich das Boot allmählich
wieder wagerecht, und der Zeiger kommt zur Ruhe. Unten steht ein Unter¬
offizier vor einem Handrad; vor sich hat er ein großes Tiefenmanometer, 5
das jetzt 6 m anzeigt, und daneben eine Wasserwage. Langsam legt er das
Handrad hin und her; ein paar Grad Ruderlage genügen, um das Boot in
seiner richtigen Tiefe zu steuern. Kaum merklich bewegt sich der Zeiger im
Manometer und die Wassersäule in der Wage: nicht mehr als 20 cm nach
öden und unten weicht das Boot von seiner richtigen Tiefenlinie ab. 10
Der Kommandant hat das Auge am vorderen Sehrohr, die Hände um¬
spannen zwei Griffe, mit denen er das Rohr hin und her dreht. Wie durch
ein Fernglas sieht er klar und scharf ein kreisförmiges Bild, durch dessen Mitte
sich senkrecht der Zielfaden zieht; ein System von Prismen zaubert dies Bild
der Außenwelt hinab in den engen Turm. Es ist, als befinde sich das Auge 15
dicht über der bewegten Meeresoberfiäche, so hoch, als die Spitze des Seh¬
rohres darüber hinausragt. Breit und hoch rollt im Vordergrund die See
heran, und ab und zu verdeckt ein überschäumender Wellenkamm den Hori¬
zont, der an sich schon bei der niedrigen Augeshöhe nicht sehr weit ist;
Wassertropfen spritzen in den Bildkreis und haften am Objektiv, aber sie 20
schaden fast nichts, das Bild wird höchstens etwas dunkler, nicht unklar.
Während der Kommandant das Sehrohr dreht, wandert vor seinem
Auge der ganze Horizont vorbei: vorn ist ein Segler, der unsern Kurs
kreuzt und einige Aufmerksamkeit erfordert, an Backbord tauchen ab und zu
über den Wellenkämmen die Masten und der Schornstein eines Dampfers 25
auf, und an Steuerbord vorn stehen die Rauchwolken der Kreuzer; auf sie
wird jetzt das Sehrohr eingerichtet, und gespannt beobachtet der Kom¬
mandant.
„Sehrohre ein!" Der Kommandant hat sich orientiert und will einst¬
weilen seine Augen nicht unnötig weiter anstrengen: zwei elektrische Schalter 30
im Turm werden gelegt, und kleine Motoren ziehen die Sehrohre ein. Nichts
verrät nun nach außen den unheimlichen Gesellen, der da unten seine ver¬
derbenbringende Bahn zieht. Freilich dies volle Verschwinden dauert immer
nur eine gewisse Zeitspanne, alle 10 Minuten muß erneut Umschau gehalten
werden. 35
An Steuerbord voraus ist jetzt einer der Kreuzer schon ziemlich nah;
er wird scharf aufpassen und darf uns keinenfalls entdecken. „Aus 15 in
gehen." Wieder das Gefühl des langsamen Sinkens; der Zeiger am Mano¬
meter geht weiter und steht schließlich auf 15 rn. Vor den Fenstern ist es
dunkler geworden, und im Turm herrscht ein grünes Dämmerlicht. Jetzt 40
hören wir das mahlende Geräusch der Schrauben des Kreuzers näher und