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3. Das Kind, es denkt: Die Glocke hängt
Da droben auf dem Stuhle.“
Schon hat's den Weg ins Feld gelenkt,
Als lief' es aus der Schule.
4. Die Glocke, Glocke tönt nicht mehr,
Die Mutter hat gefackelt;
Doch welch ein Schrecken hinterher!
Die Glocke kommt gewackelt.
5. Sie wackelt schnell, man glaubt es kaum;
Das arme Kind im Schrecken,
Es läuft, es kommt, als wie im Traum;
Die Glocke wird es decken.
6. Doch nimmt es richtig seinen Husch,
Und mit gewandter Schnelle
Eilt es durch Anger, Feld und Busch
Zur Kirche, zur Kapelle.
7. Und jeden Sonn- und Feiertag
Gedenkt es an den Schaden,
Läßt durch den ersten Glockenschlag,
Nicht in Person, sich laden.
27. Der getreue Eckart.
1813.
Goethes Werke in 86 Bdn. Stuttgart, 1867. J. S. 159.
1. „O wären wir weiter, o wär' ich zu Haus!
Sie kommen, da kommt schon der nächtliche Graus;
Sie sind's, die unholdigen Schwestern.
Sie streifen heran, und sie finden uns hier,
Sie trinken das mühsam geholte, das Bier,
Und lassen nur leer uns die Krüge.“
2. So sprechen die Kinder und drücken sich schnell;
Da zeigt sich vor ihnen ein alter Gesell.
„Nur stille, Kind! Kinderlein, stille!
Die Hulden, sie kommen von durstiger Jagd,
Und laßt ihr sie trinken, wie's jeder behagt,
Dann sind sie euch hold, die Unholden.“
3. Gesagt so geschehn! und da naht sich der Graus
Und siehet so grau und so schattenhaft aus.
Doch schlürft es und schlampft es aufs beste.
Das Bier ist verschwunden, die Krüge sind leer;
VNun saust es und braust es, das wütige Heer,
Ins weite Gethal und Gebirge.