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Ein prasselnd Feuer flammt. In wunderbaren Gestalten
Ragt aus der dunkeln Nacht das angestrahlte Gestein,
Mit wildem Gebüsche versetzt, das aus den schwarzen Spalten
Herabnickt und im Widerschein
Als grünes Feuer brennt. Mit lustvermengtem Grauen
Bleibt unser Ritter steh'n, den Zauber anzuschauen.
19. Indem schallt aus dem Bauch der Gruft ein donnernd Halt,
Und plötzlich stand vor ihm ein Mann von rauher Gestalt,
Mit einem Mantel bedeckt von wilden Katzenfellen,
Der, grob zusammengeflickt, die rauhen Schenkel schlug;
Ein graulich schwarzer Bart hing ihm in krausen Wellen
Bis auf den Magen herab, und auf der Schulter trug
Er einen Zedernast als Keule, schwer genug,
Den größten Stier auf einen Schlag zu fällen.
20. Der Ritter, ohne vor dem Mann
Und seiner Zeder und seinem Bart zu erschrecken,
Beginnt in der Sprache von Ok, der einzigen, die er kann,
Ihm seinen Notstand zu entdecken.
„Was hör' ich?" ruft entzückt der alte Waldmann aus:
„O süße Musik vom Ufer der Garonne!
Schon sechzehnmal durchläuft den Sternenkreis die Sonne,
Und alle die Zeit entbehr' ich diesen Ohrenschmaus.
21. Willkommen, edler Herr, auf Libanon, willkommen!
Wiewohl sich leicht erraten läßt,
Daß Ihr den Weg in dieses Drachennest
Um meinetwillen nicht genommen.
Kommt, ruhet aus, und nehmt ein leichtes Mahl für gut,
Wobei die Freundlichkeit des Wirts das Beste tut.
Mein Wein (er springt aus diesem Felsenkeller)
Verdünnt das Blut und macht die Augen heller."
22. Der Held, dem dieser Gruß gar große Freude gab,
Folgt ungesäumt dem Landsmann in die Grotte,
Legt traulich Helm und Panzer ab
Und steht entwaffnet da, gleich einem jungen Gotte.
Dem Waldmann wird, als rühr' ihn Alquifs Stab,
Da jener jetzt den blanken Helm entschnallet,
Und ihm den schlanken Rücken hinab
Sein langes gelbes Haar in großen Ringen wallet.
23. „Wie ähnlich," ruft er, „o wie ähnlich, Stück für Stück!
Stirn, Auge, Mund und Haar!" — „Wem ähnlich ?" fragt der Ritter.