Full text: Mancherlei für Jung und Alt

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nötigen technischen Mittel waren so kunstvoll angeordnet, daß ihr prak¬ 
tischer Zweck verdeckt und nur die symbolische Bedeutung empfunden 
wurde. Um den hölzernen Kern des Bildes fortwährend mit Öl zu 
tränken, waren für dieses im Innern Röhren angebracht und der ganze 
Koloß stand in einem flachen schwarzen Marmorbecken, dessen weißer Rand 
die abfließende Feuchtigkeit zusammenhielt. Zugleich aber wurde durch 
dieses einerseits von dem Gotte, wie es schien, ausgegossene und ihm dar¬ 
gebrachte, anderseits von ihm kommende Öl, als des Fettes der Erde, 
symbolisch sowohl die menschliche Dankbarkeit als auch der göttliche Segen 
und Frieden angedeutet, der von ihm ausging. 
Der ganze Koloß, mit der Basis 62 Fuß hoch und in seinen ein¬ 
zelnen Teilen mit großer Feinheit nach den Gesetzen der Optik berechnet 
und ausgeführt, erschien in dem nur 6 Fuß höhern Tempel noch größer, 
als er wirklich war. Es sollte dadurch die Erhabenheit des Gottes über 
alle menschliche Größe, alles, was ihn umgab, klein, seine Wohnung selbst, 
die ja nur für ihn, nicht er für sie bestimmt war, recht augenscheinlich 
zu enge erscheinen, um ihn zu fassen: damit nur er, nichts anderes der 
Gegenstand der Bewunderung und Anbetung sei und bleibe. 
Und die Urteile der Alten stimmen alle darin überein, daß dieses 
Bild des Phidias das großartigste und schönste gewesen sei, was je 
menschliche Hände geschaffen, menschliche Augen geschaut haben. Der 
römische Feldherr Paulus Ämilius, ein Mann von starken Nerven, 
gestand, daß, als er in den Tempel zu Olympia eingetreten und den 
gleichsam gegenwärtigen Gott geschaut, es ihm die Seele erschüttert habe, 
so daß er sofort, wie dem kapitolinischen Gott in Rom, das schönste 
Opfertier dargebracht. Man reiste daher auch noch zu des Epiktetus 
Zeit eigens nach Olympia, um den Zeus des Phidias zu sehen, und zu 
sterben, ohne ihn gesehen zu haben, galt als ein Unglück; ja es wird 
bezeugt, daß durch dieses Bild der religiöse Glaube selbst einen Zuwachs 
erhalten und erhöht worden sei, so sehr habe das Bild die Majestät des 
Gottes erreicht. Ja noch am Abend des hellenischen Lebens schildert der 
bithynische Redner Dion Chrysostomus den Eindruck des Bildes in 
folgenden denkwürdigen Worten: „Ist ein Mensch, dessen Seele ganz von 
Kummer niedergedrückt wird, da er viel Mißgeschick und Leiden im Leben 
erduldet hat, so daß selbst der süße Schlaf ihn flieht: auch dieser wird 
dem Bilde gegenüber alles vergessen, was er Schweres in seinem Leben 
erfahren hat; denn wie ein leidenverscheuchendes Zaubermittel (Nepenthes) 
wirke das Bild, von Licht und Anmut umflossen; wer es gesehen, könne 
fortan keine andere Vorstellung mehr von dem Gotte sich machen. Also 
throne er friedlich und durchaus gnädig über das einträchtige und ruhige 
Hellas, in der Stadt der Eleer, mild und ehrwürdig, in heiterer Gestalt,
	        
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