Full text: Mancherlei für Jung und Alt

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wo er aufhört, ist es stille und dort steht wieder der feste, dichte, uner¬ 
schöpfliche, ergiebige Wald. 
Wenn eine Fläche des Waldes abgeschlagen ist, wenn die Scheite 
geordnet, getrocknet, weggeführt sind, wenn die Reisige verbrannt wurden, 
wenn man keine Hütte der Holzhauer mehr sieht und die Arbeiter fort¬ 
gegangen sind, dann ist der erste Teil des Lebens eines Holzschlages 
aus, und es beginnt nun ein ganz anderer, stillerer, einfacherer, aber 
innigerer. Wenn die Heide leer dasteht, wenn sie nur uoch manchen 
schlechten, stehen gelassenen Baum wie eine Rute gekrümmt trägt, wenn 
die bloßgelegten Kräuter und Gesträuche des Waldes zerrüttet und welkend 
herumhängen, wenn mancher nicht ganz verbrannte Reisighaufen im Ver¬ 
wittern begriffen und ein anderer in den Boden getreten und verkohlt 
ist: dann steht die einsame verlassene Bevölkerung von Strünken dahin, 
und es schaut der blaue Himmel uud schauen die Wolken auf das offene 
Erdreich herein, das sie so viele Jahre nicht zu sehen bekommen haben. — 
Das erste, was nach langen Zeiten herbeikömmt, um die umgewandelte 
Stätte zu besetzen, ist die kleine Erdbeere mit den kurzen zurückgeschobenen 
Blättern. Sie sproßt zuerst auf der schwarzen Erde einzeln hervor, 
siedelt sich dann um Steine und liegengebliebene Blöcke an, überrankt 
fleißig den Boden, bis nichts mehr zu sehen ist, uud erfreut sich so sehr 
der Verlassenheit und der Hitze um die alten, sich abschälenden Stöcke 
herum, daß es oft nicht anders ist, als wäre über ganze Flecke ein 
brennendes scharlachrotes Tuch ausgebreitet worden. Wenn es so ist, 
dann sammelt sich allgemach unter ihren Blättern die Nässe, und es er¬ 
scheint auch schon die langstielige Erdbeere mit den gestreckten Blättern 
und den schlanken Früchten. Es beeilt sich die Himbeere, die Einbeere 
kömmt, manche seltsame fremdäugige Blume, Gräser, Gestrüppe uud breite 
Blätter von Kräutern; dann die Eidechse, die Käfer, Falter und sum¬ 
mende Fliegen; mancher Schaft schießt empor mit den jungen feucht¬ 
grünen Blättern; es wird ein neuer, rauher, hochrutiger Auslug, der 
unter sich einen nassen, sumpfigen Boden hat, und endlich nach Jahren 
ist wieder die Pracht des Waldes. 
Dies ist der zweite Teil des Lebens eines Holzschlages. 
Wenn es nicht so schön ist, wenn kein Wald mehr entstehen soll, 
dann werden die Waldgäste mit Absicht hintan gehalten, es wird gereutet, 
und lieber statt all des Anfluges der Geselle des Menschen, das Wiesen¬ 
gras, herangelockt, daß Mäheplätze entstehen oder Weideplätze für das 
Vieh werden, wie man es mit dem Hausberge hinter Pernek gethan hat, 
der auch einmal eine schöne Wildnis war und es jetzt nicht mehr ist. 
Wenn der Holzhauer auch schon die Stätte seines Wirkens verlassen 
hat, so liebt er sie doch noch immer, und wenn er nach langen Jahren
	        
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