Full text: Dichtung des Mittelalters (Teil 1)

§ 11. Das Nibelungenlied. 
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3. „Laßt Euch nicht betrügen", sprach Hagen, „durch das Wort 
Der Heunischen Boten. Besucht Ihr Kriemhild dort, 
So könnt Ihr leicht verlieren die Ehre wie den Leib; 
Es ist gar rachgierig des reichen König Etzels Weib." 
4. Da sprach bei der Beratung der König Gernot: 
„Da Ihr aus guten Gründen fürchtet dort den Tod 
In der Hermen Reiche, ständen wir drum an, 
Die Schwester zu besuchen, das wär' übel getan." 
5. Da sprach zu dem Degen der Fürst Geiselher: 
„Da Ihr Euch, Freund Hagen, schuldig wißt so sehr, 
So sollt Ihr hier verbleiben und seid auf Eurer Hut 
Und laßt zu meiner Schwester die ziehn, die tapfer und gut." 
6. Da begann zu zürnen von Tronje der Held: 
„Ich will nicht, daß Euch jemand sei unterwegs gesellt, 
Der niehr als ich zu Hofe mit Euch zu reiten wagt. 
Wollt Jhr's denn nicht lassen, so zeig' ich Euch, was ich gesagt." 
Auf seinen Rat wird nun. damit man wenigstens das Leben teuer verkaufe, 
eine große Rüstung vorgenommen, während die Boten fröhlich zurückkehren, um 
die Botschaft von der baldigen Ankunft der Burgunden zu melden. Als Kriemhild 
vernommen, daß auch Hagen mit im Zuge sein werde, da ruft sie arglistig 
triumphierend aus: „Den Hagen mag ich gerne, der ist ein Degen gut. Daß wir 
den sehen sollen, das erhebt mir den Mut." 
Aünfundzwanzigstes Abenteuer. 
Wie die Herren alle ;u den Hcunrn fuhren. 
Trotz des warnenden Traumes der Königin-Mutter Ute machen Günther, Gernot 
und Giselher mit Hagen, seinem Bruder Dankwart und dem fröhlichen Spielmann 
Volker in Begleitung von 1000 Rittern und 9000 Knechten sich aus zur Fahrt zu ihrer 
Schwester. Hagen führt den Zug den Main hinaus durch Ostfranken und dann hinab 
zur Donau. Aber der Strom ist gewaltig ausgetreten, so daß Hagen auf und ab 
wandert, um einen Fährmann zu suchen. Da trifft er badende Meerweiber, die ihm 
den Untergang aller Burgunden, mit Ausnahme des Kaplans des Königs, prophezeien. 
Als Hagen endlich den Fährmann gefunden und ihn ob feiner Weigerung, die Bur¬ 
gunden über den Strom zu führen, erschlagen hat, setzt er selbst das ganze Heer wohl¬ 
behalten über bis aus den Kaplan, den er, um die Weissagung der Meerweiber zu 
erproben, mit jäher Gewalt ins Wasser wirft. Der Priester aber gelangt, obwohl 
er nicht schwimmen kann, wohlgeborgen durch Gottes Hand, an das jenseitige Ufer. 
Da zweifelt Hagen nicht länger an der Erfüllung ihres Schicksals und zertrümmert 
entschlossen das Schiff, auf daß keiner feige dem Tode entfliehen könne. 
Sechsundzwanzigstes Abenteuer. 
Wir Gclfrat von Oankwart erschlagen ward. 
Nachdem das Heer mit Schrecken die Kunde von der Weissagung der Meer¬ 
jungfrauen vernommen hat, geht die Fahrt weiter durch das Bayernland, wo zur
	        
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