Full text: Dichtung der Neuzeit (Teil 2)

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Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. 
Die wir ahnen! 
Ihnen gleiche der Mensch, 
Sein Beispiel lehr' uns 
Jene glauben! 
Denn unfühlend 
Ist die Natur. 
Es leuchtet die Sonne 
Über Bös' und Gute, 
Und dem Verbrecher 
Glänzen wie dem Besten 
Der Mond und die Sterne. 
Wind und Ströme, 
Donner und Hagel 
Rauschen ihren Weg 
Und ergreifen, 
Vorübereilend, 
Einen um den andern. 
Auch so das Glück 
Tappt unter die Menge, 
Faßt bald des Knaben 
Lockige Unschuld, 
Bald auch den kahlen 
Schuldigen Scheitel. 
Nach ewigen, eh'rnen. 
Großen Gesetzen 
Müssen wir alle 
Unseres Daseins 
Kreise vollenden. 
Nur allein der Mensch 
Vermag das Unmögliche; 
Er unterscheidet. 
Wählet und richtet; 
Er kann dem Augenblick 
Dauer verleihen. 
Er allein darf 
Den Guten lohnen, 
Den Bösen strafen, 
Heilen und retten, 
Alles Irrende, Schweifende 
Nützlich verbinden. 
Und wir verehren 
Die Unsterblichen, 
Als wären sie Menschen, 
Täten im Großen, 
Was der Beste im Kleinen 
Tut oder möchte. 
Der edle Mensch 
Sei hilfreich und gut! 
Unermüdet schaff' er 
Das Nützliche, Rechte, 
Sei uns ein Vorbild 
Jener geahneten Wesen! 
5. Meine Göttin. 
Welcher Unsterblichen 
Soll der höchste Preis sein? 
Mit niemand streit' ich, 
Aber ich geb' ihn 
Der ewig beweglichen, 
Immer neuen, 
Seltsamen Tochter Jovis, 
Seinem Schoßkinde, 
Der Phantasie. 
Denn ihr hat er 
Alle Launen, 
Die er sonst nur allein 
Sich vorbehält, 
Zugestanden 
Und hat seine Freude 
An der Törin. 
Sie mag rosenbekränzt 
Mit dem Lilienstengel 
Blumentäler betreten, 
Sommervögeln gebieten 
Und leicht nährenden Tau 
Mit Bienenlippen 
Von Blüten saugen;
	        
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