Wilhelm Nakatcnus (1617—1682.)
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Wilhelm Nakaterius.
Geb. 1617 zu Gladbach im Herzogthum Jülich; wurde Jesuit, lebte zu Trier, CoeSfeld, und zuletzt 30 Jahre
lang als Dom- und Hofpcediger zu Köln; starb plötzlich zu Aachen 1682 am 23. ^zuli. Sein Gebetbuch
.Himmlisches Palmgartlein" (1660) ist bis zum heutigen Tage in Gebrauch. Eine versprochene Sammlung seiner
geistlichen Lieder scheint durch den Tod unterblieben. Die nachstehende Uebersetzung des Dies iras durfte bis jetzt
an Einfachheit und Gefühlswahrheit kaum übertreffen sein, und das zweite zeigt den Reichthum und Schwung.
1. Dies irae.
D des Tags, der wird verzehren
Diese Welt mit Feu'r, wie lehren
David's und Sibyllä Zähren!
Wie wird sein so großes Zagen,
Wann der Richter alle Klagen
Schlichten wird nach rechter Wagen!
Der Posaunen Schall mit Schrecken
Alle Todten wird erwecken,
Und dem Richter sie entdecken.
Schrecken wird sich Tod und Leben,
Weil der Leib sich wird erheben,
Seine Antwort da zu geben.
Ein geschriebnes Buch der Erden
Wird vom Richter vorbracht werden,
Draus er scheiden wird die Herden.
(Alle werden forchtsam stehen,
Werden hören, werden sehen,
Wie das Urtheil wird ergehen.)
Sitzt der Richter dann zu richten,
Sich verbergen wird mit uichten,
Was mit Feu'r und Flamm zu schlichten.
Ach, was werd' ich Armer sagen,
Welchem Freund werd' ich's da klagen,
Wann der Fromme auch wird zagen!
O du König großer Ehren!
Deine Gnad' ich thu' begehren,
Mir das Heil nit wollst verwehren.
Führ', o Jesu, zu Gemüthe,
Was gethan mir deine Güte:
Mich an jenem Tag behüte!
Kreuz und Leiden hast erkoren,
Daß ich wieder würd' geboren:
Dies nicht sei an mir verloren.
Strenger Richter! mir's vergebe,
Da ich noch auf Erden lebe,
Eh' ich Rechenschaft dir gebe.
Ach, ich Sünder seufz' und weine,
Meine Bosheit nicht verneine:
Gnädig mir, o Herr, erscheine!
Der Mariä Sünd' vergeben
Und den Schächer bracht' zum Leben,
Du auch mir hast Hoffnung geben.
Meine Bitt' ist nicht zu achten,
Deine Güte wollst betrachten:
Daß im Feu'r nicht muß verschmachten.
Bei den Schafen Platz verleihe,
Bon den Böcken mich befreie,
Meine Stell' zur Rechten feie.
Da du wirst vermaledeien
Die Gottlosen: mir verzeihen
Wollest, Herr! und benedeien!
Mich, o Jesu, zu dir wende,
Geb' mein Herz in deine Hände,
Sieh doch auf mein letztes Ende!
2. Don der Herrlichkeit des himmlischen
Paradieses.
(Ad perennis vitae fontem.)
1. O du Brunn des wahren Lebens,
Voller Lust und Lieblichkeit!
O, wie oft nach dir vergebens
Seufze ich in meinem Leid!
Ach, wann wird zu dir einst fahren
Meine Seel' aus diesem Land!
Sie bisher in vielen Jahren
Bleibt in gar betrübtem Stand.
2. Ach, daß möchten bald zerspringen
Die zu starke Lebensbänd'!
Daß die Seel' hinauf sich schwingen
Möcht' zu ihrem Ziel und End'!
Ich gezwungen hie muß bleiben,
Gern wollt' fahren bald hinauf;
Mein' Begierden stark mich treiben,
' Zu vollenden meinen Laus.
3. Kann nicht länger ausgeschlossen
Von dem Trunk des Brunnens sein,
; Der von Anfang ausgegossen
Gibt nur lauter Freuden-Wein.
In der Höh' ist er gegründet,
Ihn umfaßt ein' solche Stadt,
Da nur Lieb und Fried sich findet,
Da man nichts zu fürchten hat.
4. Da die Mauern und die Pforten
Glänzen wie der Sternen-Schein:
Da die Palläst' aller Orten
Edle Stein' und Perlen sein;
Da die Weg' und alle Straßen
Nie vom Regen werden naß,
Ja seind über alle Maßen
Glitzend wie das gülden Glas.
5. Nichts vom Winter da man leidet,
Keine Wind' zu spüren sein,
Aller Schnee die Felder meidet,
Blitz und Donner halten ein.
Stäter Frühling da sich zeiget,
Prangt mit seiner Gärten Schätz:
Gar kein Dorn sich da eräuget,
Alle Frucht bleibt unverletzt.