Full text: Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen

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Mößes Fest (Hochzeit) gefeiert. Der Hausherr hatte über seine Familie 
«ine fast unbegrenzte Macht. Seiner Schutzgervalt („Munt") unter- 
standen neben Weib und Kindern auch andere Verwandte und das 
Gesinde. Doch wurde das freie Verfügungsrecht des Hausherrn durch 
die Sitte beschränkt, die insbesondere der Frau die Stellung als des 
Mannes Genossin in Arbeit und Gefahr einräumte. 
Jede Familie gehörte zu einem Verbände von Blutsverwandten, 
der S i p p e. Diese war eine festumschlossene Einheit im Kriege und im 
Frieden. Die Gesippen bildeten im Heere gemeinsam die kleinste Ab- 
teilung. Im Frieden schützte die Sippe ihre Angehörigen und hielt sie 
zu einer Wirtschaftsgenossenschaft vereinigt. Nur Haus und Hof, Ee- 
rate, Waffen und Herden waren nämlich Eigentum der Familien. 
Das Land aber gehörte der Sippe, aus der, als die Germanen sich 
an feste Wohnsitze gewöhnt hatten, die Dorfgemeinde erwuchs. In 
alter Zeit hatte die Sippe einen jährlich wechselnden Teil des ihr ge- 
hörigen Ackerlandes gemeinsam bebaut und die Ernte unter sich verteilt. 
Später wiesen die Sippenältesten jährlich den einzelnen Familien Acker- 
land an, und jede von ihnen bewirtschaftete ihren Landanteil und hatte 
allein Anspruch aus seinen Ertrag. Nach und nach trat an die Stelle 
der wechselnden Nutzung der Ackerlose die dauernde, erbliche Nutzung 
derselben Ackerstücke durch ein und dieselbe Familie; daraus entwickelte 
sich das Sondereigentum am Ackerland. 
Diesem stand jedoch auch weiterhin noch lange gemeinsames 
Eigentum der Gemeinde, die Allmende, gegenüber. Zu ihr 
gehörte der nicht bebaute Teil der Feldmark und vor allem Wald und 
Wiese. Jeder freie Dorfinsasse hatte das Recht, sein Vieh auf die Ge- 
meindeweide zu schicken, seinen Bedarf an Holz aus dem Walde zu holen 
und innerhalb des Dorfgebietes zu jagen und zu fischen. Dieses Recht 
faßte man mit dem auf dem Besitze des Bauernhofes beruhenden unter 
dem Namen Hufe zusammen. Später gebrauchte man die Bezeichnung 
vornehmlich für alles das, was zu einem Hofe gehörte, besonders für 
die Größe der zugehörigen Fläche Landes (1 Hufe = 30 Morgen = 
7,6 ha). Die Bewirtschaftung des Bodens befand sich noch auf der sog. 
Stufe der F e l d g r a s w i r t s ch a f t, d. h. auf eine ein- oder mehrjährige 
Bebauung des Ackers folgte eine ebenfalls mehrjährige Brache und bloße 
Grasnutzung, wobei also immer nur ein kleiner Teil des Fruchtlandes 
unter dem Pfluge gehalten wurde. 
d) Die Rechtspflege. Neben der Beratung und Beschlußfassung 
Über gemeinsame Angelegenheiten lag den Versammlungen der Freien 
die Rechtspflege ob. Die Gauversammlung erledigte die einfachen
	        
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