Full text: Die weite Welt (Schulj. 7 u. 8)

der Ehre willen, weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu 
leben vermag. Allein wir dürfen mit Zuversicht vertrauen, Gott und 
unser fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen, 
mit ihm einen sicheren, glorreichen Frieden und Wiederkehr einer 
glücklichen Zeit!" An demselben Tage verkündigte der König seinem 
Volke die Errichtung der Landwehr und des Landsturmes für das 
gesamte Preußen. Als Ehrenzeichen für die Tapfern dieses heiligen 
Krieges ward vom Könige am 10. März, dem Geburtslage der ver¬ 
ewigten Königin Luise, der Orden des eisernen Kreuzes gestiftet. 
Mit herzlichen Worten hatte sich der König an sein Volk ge¬ 
wendet und, indem er es zur Mitwirkung an seinem Werke aufforderte, 
es mündig gesprochen. In unvergleichlich herrlicher Weise antwortete 
das preußische Volk diesem Vertrauen. Das Königreich Preußen, 
damals an Einwohnern nicht mehr als fünf Millionen zählend, stellte 
bis zum Sommer 1813 ein Heer von 271000 Streitern, also von 
18 Seelen einen Mann zu den Waffen. Gleiches hat nie ein Volk 
getan. Noch fehlte es an Bekleidung, Verpflegung, Bewaffnung. 
Aber es begann jetzt ein rührender Wetteifer in freiwilligen Gaben. 
Auch der Ärmste brachte sein Scherflein. Wo in dem ausgesogenen 
Land Geld fehlte, griff man zu andern Mitteln. Eheleute brachten 
die goldenen Trauringe und erhielten dafür eiserne, deren Inschrift 
lautete: „Gold gab ich für Eisen." Eine arme Jungfrau, Ferdinande 
von Schmettau, brachte den einzigen Schmuck, den sie besaß, ihr 
schönes Haupthaar. Das Weib ließ den Gatten, die Verlobte den 
Bräutigam, die Mutter den Sohn willig ziehen; Schmach hätte den 
Zurückbleibenden getroffen. Unter Glockenklang mit feierlich-kirchlicher 
Segnung zogen die Scharen aus in den heiligen Krieg. Eine solche 
Feier fand in Breslau in Gegenwart Alexanders und Friedrich 
Wilhelms statt. Zu Rogau am Zobtenberge ward die Lützowsche Frei- 
fchar eingesegnet, der Theodor Körner das kirchliche Weihelied gedichtet: 
Wir treten hier im Gotteshaus Doch was uns mahnt zu Sieg und 
mit frohem Mut zusammen. Schlacht, 
Uns ruft die Pflicht zum Kampf hinaus, hat Gott ja selber angefacht; 
und alle Herzen flammen. dem Herrn allein die Ehre! 
Und in Berlin geschah am 27. März vor dem Schlosse unter 
freiem Himmel die Einweihung des Iorkschen Korps. Über dem 
Dome brach die Sonne durch das Wintergewölk, als der Prediger 
den Segen sprach. Dann nahm Aork selbst das Wort. „Ein un¬ 
glückliches Vaterland sieht mich nicht wieder!" war der Schluß seiner 
Rede. „Und das soll ein Wort sein!" scholl es aus den Reihen der 
Soldaten als Antwort. 
Schon aber war die Begeisterung nicht mehr in Preußens Grenzen 
eingeschränkt; es ward eine deutsche Erhebung. Die deutsche Dich¬ 
tung, feit Schillers Tode (1805) fast verstummt, wurde wieder in 
neuen, frischen Klängen laut. Theodor Körner, der Sohn des 
würdigen Freundes Schillers, griff kühn in die Saiten. „Leier und
	        
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