Object: Schluß des VII. Zeitraums und VIII. Zeitraum: Von Göthe's Tode bis zur Gegenwart (Theil 3)

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klirrte, lösete die Riemen und zählte zwanzig blanke Goldstücke hin, 
bei deren Anblicke die Augen des Receptors zu funkeln anfingen, 
und nach denen der alte Hofschulze gar nicht hinsah. „Hier ist 
das Geld!" rief der Pferdehändler, die Faust geballt auf den 
Tisch stemmend, „krieg' ich die braune Stute dafür? Sie ist, 
weiß Gott, nicht einen Heller mehr werth." 
„Dann behaltet Euer Geld, damit Ihr nicht zu Schaden 
kommt," versetzte der Hofschulze kaltblütig. „Sechsundzwanzig, wie 
ich gesagt habe, und keinen Stüber darunter. Ihr kennt muH nun 
die Jahre her, Herr Marx, und solltet daher wissen, daß das 
Dingen und Feilschen bei mir nicht verschlägt, weil ich nie von 
meiner Sprache abgehe. Ich begehre, was mir eine Sache werth 
ist, und thue niemalen vorschlagen; und so könnte ein Posaunen¬ 
engel vom Himmel dahergefahren kommen, er kriegte die Braune 
nicht unter Sechsundzwanzig." 
„Aber Sackerlot," schrie der Pferdehändler erbost, „aus 
Fordern und Bieten besteht doch der Handel, und meinen eignen 
Bruder überfrage ich, und wenn kein Vorschlag mehr in der 
Welt ist, so hört alles Geschäft auf!" 
„Im Gegentheil," erwiederte der Hofschulze, „das Geschäft 
kostet dann weit weniger Zeit und ist schon um deshalb profit- 
licher; aber auch außerdem haben beide Theile von einem Handel 
ohne Vorschlagen vielen Nutzen. Ich habe es immer erlebt, daß, 
wenn vorgeschlagen wird, sich die Natur erhitzt, und zuletzt Nie¬ 
mand mehr recht weiß, was er redet oder thut. Da läßt denn 
der Verkäufer, um nur dem Gehader ein Ende zu machen, die 
Waare oft unter dem Preise, den er im Stillen bei sich festsetzte, 
und der Käufer seinerseits verthut sich in der Begierde und 
Brunst des Bietens ebenso oftmals. Ist aber gar keine Rede 
vom Ablassen, dann bleiben beide schön ruhig und wahren sich 
vor Schaden." 
„Da Ihr so vernünftig redet, so werdet Ihr meinen Antrag 
jetzt besser erwogen haben," hob der Receptor an. „Wie gesagt, 
die Regierung will alle Korngeiälle der Höfe in hiesiger Gegend 
in Geld umwandeln. Sie hat allein den schaden davon, denn 
Korn bleibt Korn, aber Geld ist heute so viel und morgen so viel 
werth; indessen ist es nun einmal ihr Wille, um der Last des 
Aufspeicherns quitt zu werden. Ihr thut mir also den Gefallen 
und unterschreibt diese neue, auf Geld lautende Urkunde, die ich 
zu diesem Behufe schon mitgebracht habe." 
„Durchaus nicht," antwortete der Hofschulze eifrig; „es ist 
ein Glaube hier im Lande, daß, wer seinem Hofe eine Last auf¬ 
legt, dafür zur Strafe nach dem Tode auf seinem Hofe umgehen 
muß. Ich weiß nicht, wie es damit beschaffen ist, aber das weiß
	        
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