I. Älterer Zeitabschnitt. (1740 — 1800).
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Dann treten wir mit hohem Schritt
Auf Leichnamen daher;
Dann jauchzen wir im Sieg'sgeschrei,
Das geht durch Mark und Bein!
Uns preist mit hohem Ungestüm
Der Bräut'gam und die Braut,
Er sieht die hohen Fahnen wehn
Und drückt ihr sanft die Hand.
Und spricht zu ihr: da kommen sie,
Die Kriegesgötter, her;
Sie stritten in der heißen Schlacht
Auch für uns beide mit!
Uns preist, der Frendenthränen voll,
Die Mutter und ihr Kind;
Sie drückt den Knaben an ihr Herz
Und sieht dem Kaiser nach.
Uns folgt ein Ruhm, der ewig bleibt,
Wenn wir gestorben sind.
Gestorben für das Vaterland
Den ehrenvollen Tod!
F. G. Klopsteck.
Der Wunsch, liebenswürdig zu sein.
Liebenswürdig möcht' ich sein!
Jedermann gefallen!
Doch wie nimmt man Herzen ein?
Wie gefällt man Allen?
Jst's die Stirn, die fleckenlos
Blondes Haar umziehet?
Eine Wange, die, wie Ros'
Unter Lilien, blühet.
Jst's ein Auge hell und rein,
Wie die Bergkrystallen?
Zähne, wie das Elfenbein?
Lippen, wie Korallen?
Jst's ein Körper, wohl gebaut,
Schlank und schön zum Malen,
Wo die sanfte weiße Haut
Adern blau durchstrahlen?
Lieblich ist ein schön Gesicht;
Doch sein Reiz verschwindet;
Wenn sich mit dem äußern nicht
Jnn'rer Reiz verbindet.
Da nur, wo mit Edelmut
Sich die Stirne schmücket,
Wo der Menschenliebe Glut
Aus den Augen blicket;
Auf der Wange Sittsamkeit
Neben Rosen stehet,
Und des Mundes Lieblichkeit
Weisheit erst erhöhet;
Wo Bewegung, Haltung, Gang
Leib und Glieder zieret.
Und der Stimme sanfter Klang
Jeden Hörer rühret;
Wo das Herz mit Lieb' erfüllt,
Gegenlieb' erwecket,
Und man Gottes Ebenbild
Überall entdecket:
Ta ist Schönheit, Trefflichkeit,
Lieb' und Wohlgefallen!
Ta gefällt man allezeit!
Ta gefällt man allen.
Chr. Felix Weiße.
Tugend.
O geliebte, frohe Jugend,
Kauf' jetzt Weisheit, kaufe Tugend
Dir für eine Ewigkeit!
Dies sind Schätze guter Seelen,
Die dir keine Räuber stehlen,
Auch kein Mißbrauch je entweiht;
Die, in dringenden Gefahren,
Nie, um sicher zu verfahren,
Schloß und Riegel nötig ist,
Rost und Moder nie zerstören,
Mott' und Würmer nie verzehren.
Keine Flut und Flamme frißt;
Schätze, die stets Farbe halten.
Nie verschießen, nie veralten.
Immer glänzend, immer schön,
Die nicht, gleich den bunten Bändern,
Ihre Moden jährlich ändern,
Reizend Jung' und Alten stehen!
Schätze, die dein eigen bleiben,
Damit kannst du Wucher treiben:
Wuchre deine Lebenszeit!
Stirbst du, keine Erben lauern!
Nein, sie folge» dir und dauern
Durch die ganze Ewigkeit.
Chr. Felix Weiße.
Der Aufschub.
Morgen, morgen, nur nicht heute!
Sprechen immer träge Leute,