Litterargeschichtlicher Überblick.
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gegen! Spottsucht, Gereiztheit, Frivolität, gesuchte Elegunz uuhmeu der Poesie ihre
Weihe und machten sie zu einer Dienerin der Parteileidenschaft und einer krank¬
haften Zeitbestrebung. Doch genug auch des Guten gedieh nach neben dem im Über¬
maß wuchernden Unkraut; besonders wurde die Lyrik mit Fleiß und Liebe angebaut.
Zwischen diesen beiden Hauptrichtungen der Neuzeit stehen gleichsam ver¬
mittelnd die schon erwähnten Dichter der Befreiungskriege und die beiden Dichter¬
größen: der überaus reiche und formgewandte Friedrich Rückert und der
gedrungene und in metrischer Virtuosität hervorragende August von Platen,
während die Klänge der Romantik unter der Pflege einiger schwäbischer Dichter
forttönen, aber reiner, frischer, anmutiger.
Die Begründer der romantischen Richtung sind die beiden von Schlegel
(August Wilhelm und Karl Wilhelm Friedrich), Ludwig Tieck, Wacken-
roder und Novalis (Friedrich von Hardenberg), denen sich eine große Dichter¬
reihe anschließt, welche sämtlich das sentimental-phantastische Element zum
Hintergrund ihrer Schöpfungen haben. Die bedeutendsten unter diesen sind:
Friedrich de la Motte Fouquo, Clemens Brentano, Lndw. Achim
v. Arnim, Adalbert v. Chamisso, Jos. Freih. v. Eich end orff, Ernst
Konrad Friedrich Schulze, Joh. Christian Friede. Hölderlin,
Karl August Barnhagen van Ense; und ihnen verwandt: Wilhelm
Müller, (Griechenlieder) und Gottl. Leop. Jmm. Sch es er, der Dichter
des Laienbreviers: beide Norddentschland angehörend. — Unter den schwäbischen
Dichtern, deren Richtung bezüglich der Romantik wir oben näher bezeich¬
neten, leuchten vor allen drei hervor: Uhland, Just in ns Kerner und
Gustav Schwab, unter welchen wieder Uhland, ausgezeichnet durch sinnige
Tiefe, Ernst und Wärme, die erste Stelle behauptet.
Vorläufer in der politischen Richtung waren Lndw. Börne und insbesondere
.Heine, „das größte Dichtergenie nächst Göthe," aber spöttisch und frivol, denen
das junge Deutschland. (Gutzkow, Laube, Wienbarg, Mundt) und ein
Heer minder begabter Dichter nacheiferten.
Die lyrischen Dichter, an Zahl überaus groß, sondern sich in drei Gruppen,
in österreichische, nord- und süddeutsche. Unter ersteren stehen oben an: Joseph
Christ, v. Zedlitz, Nicolaus Lenau (Nicolaus Nimbsch, Edler von Streh-
lenan), Alex. Maria Gras v. Auersperg und Robert Hamerling;
von norddeutschen Lyrikern verdienen Julius Mosen, Ferd. Freiligrath,
Eman. Geibel, Gottfr. Kinkel, Hoffmann v. Fallersleben, Robert
Reinick, Rudolf Gottschall und Otto Royuette zumeist unsere Be¬
achtung, während unter den süddeutschen Georg Herrnegh, I. G. Fischer
und Oskar v. Redwitz in erster Linie zu erwähnen sind.
Das Drama vermochte erst in neuerer Zeit wieder empor zu kommen,
wenn wir von dem absehen, was die romantische Schule Verdienstliches darin
leistete. Schillers Zeitgenossen, Iss land und Kotzebue, von denen ersterer
das Familiendrama einbürgerte, vermochten sich nicht über das Mittelmäßige zu
erheben; letzterer war wohl ein Wunder an Fruchtbarkeit und talentvoll, krankte
aber an sittlicher Haltlosigkeit. Die romantischen Dramatiker sind äußerst zahl¬
reich und die Leistungen vieler van ihnen höchst anerkennenswert. Wir
führen nur an: Heinrich v. Kleist, Adam Gottlob Oehlenschläger, Jos.
v. Collin, Zacharias Werner, Gottfr. Adolf Müllner, Ernst v. Hon¬
wald, Franz Grillparzer, Ernst Benjamin Salomon Raup ach, Karl
Leberecht Jmmermann, Dietrich Christ. Grabbe, Mosen, Gutzkow,
Laube, ^Prutz, Halm, Friedrich Hebel, G. Freytag, I. G. Fischer rc.
Das Feld des Romans wurde überreich angebaut, brachte aber, Ver¬