94 TV. Neuhochdeutsche Zeit. B. Zeit des dreißigjährigen Krieges u. s. w.
61. Des frommen Landsknechts Morgentird.
1. Ich bin kein Ritter noch Edelmann,
Ich bin ein armer Knecht.
Daß ich mein Brot verdienen kann,
Das ist mir eben recht.
In Not
Und Tod
Ist Gott mein Herr und Schutz,
Mein Helm und Wehr.
Was brauch' ich mehr?
Dem Feinde Trutz!
Gott Preis und Ehr!
2. Zwar lieber trieb' ich Ochs und Kuh
Zur grünen Weide hin,
Und lieber wäre Rast und Ruh'
Mein Lohn und mein Gewinn
Als Krieg
Und Sieg
Und reiche Beut' und Sold.
Doch hilft kein Leid
Und Widerstreit.
Wenn's Gott gewollt,
Jst's rechte Zeit.
3. Die Blümlein blühn und fallen ab,
Wann noch der Frühling währt:
So findet auch der Knab' sein Grab,
Der eben führt das Schwert.
Es fällt
Der Held
Dem Feigen gleich und stirbt;
Wer redlich ficht
Nach Recht und Pflicht,
Hier Lob erwirbt
Und stirbt dort nicht.
62. Ablösung.
1. Kuckuck hat sich zu Tod' gefallen
An einer hohlen Weiden;
Wer soll uns diesen Sommer lang
Die Zeit und Weil vertreiben?
2. Ei, das soll thun Frau Nachtigall,
Die sitzt auf grünem Zweige;
Sie singt und springt, ist allzeit froh,
Wenn andre Vögel schweigen.
Des Knaben Wunderhorn.
B. Zeit -es dreißigjährigen Krieges, -er Gelehrten¬
poesie und -er Nachahmung.
(Um (600 bis um (700.)
Die Zeit von 1624—1748 ist die unfruchtbarste Zeit der neuhochdeutschen
Dichtung. Der dreißigjährige Krieg, der ein so schweres Unglück für unsere politische
und gesellschaftliche Entwickelung war, schien auch unser litterarisches Leben ver¬
nichten zu wollen. Dazu kam, daß die Gelehrten, welche jetzt die Pfleger der deutschen
Dichtung wurden, sich sklavisch an die altklassische Dichtung anschlossen. Ihre deutschen
Gedichte, meist Gelegenheitspoesien, Hochzeits-, Gratulations- und Trauerlieder,
waren nur ein ungenießbarer Abklatsch der lateinischen Dichtung. Die Höfe und