28 HI Mittelhochdeutsche Zeit. A. Erste Blütezeit der deutschen Dichtung.
Sie trugen einen teuren (Stein,
Die Sonne warf hindurch den Schein.
85 Sein Name ist uns wohlbekannt:
Es war ein Granatjechant,
Lang und breit und leicht; das litt,
Daß so dünn ihn zerschnitt,
Der zum Tischplatt ihn zersägte,
90 An dem der Wirt zu essen Pflegte.
Die Jungfrauen traten alle acht
Vor den Wirt, indem sie sacht
Wie zum Gruß das Haupt bewegten.
Die viere dann die Tafel legten
95 Auf der Stollen schneeweiß Elfenbein,
Das zuvor getragen war herein.
Man sah sie züchtig wieder gehn
Und bei den ersten vieren stehn.
Rocke grün wie Gras zu schauen
100 Trugen diese acht Frauen
Aus edlen Samt von Aßagauch,
Lang und breit, so war's Gebrauch;
Ein teurer Gürtel schmal und lang
In der Mitte sie zusammenzwang.
105 Dieser acht Jungfrauen klug
Auf dem Haupte jegliche trug
Ein Blnmenkränzlein wohlgethan.
Von Nonel der Graf Iwan
Und Jernis, der Herr von Reite,
110 Ihre Töchter über manche Meile
Hatte der Gral in Dienst genommen;
Man sah die Jungfrauen kommen
In gar wonniglichem Staat.
Zwei Messer schneidig wie ein Grat
115 Trugen die Jungfrauen hehr
Auf zwo Zwickeln daher.
Von Silber ist die Kling' und weiß
Und nicht versäumt von Künstlersleiß,
Geschärft, gewetzt zu solcher Glätte,
120 Daß es Wohl Stahl geschnitten hätte.
Vor dem Silber tragen Frauen wert,
Die auch der Gral zum Dienst begehrt,j
f Lichter, daß es heller sei,
Vier Kinder, alles Tadels frei.
125 So gingen diese sechse nun;
Höret, was sie sollten thun!
Sie grüßten. Zwei Jungfräulein
Trugen aus der Tafel Schein
Das Silber, legten es da nieder.
Dann gingen sie mit Züchten wieder 130
Zu den ersten zwölfen hin.
Wenn ich recht berichtet bin,
Hier sollen achtzehn Frauen stehn.
Nun sieht man neue sechse gehn
In Kleidern, die man schwer bezahlt. 135
Nach diesen kam die Königin.
Ein Glanz von ihrem Antlitz schien;
Sie wähnten all', es wolle tagen.
Ein Kleid sah man die Jungfrau tragen
Von Pfellel aus der Arabie. 140
Auf grünseidnem Achmardi
Trug sie des Paradieses Fülle,
So den Kern wie die Hülle.
Das war ein Ding, das hieß der Gral,
Jrd'schen Segens vollster Strahl. J 45
Repanse de Schoie hieß,
Von der der Gral sich tragen ließ.
Der Gral war von solcher Art:
Sie hat das Herz sich rein bewahrt,
Der man gönnt des Grals zu pflegen; 150
Sie durfte keine Falschheit hegen.
Lichter kamen vor dem Gral,
Die waren schön und reich zumal.
Sechs lange Gläser hell und klar,
Drin brannte Balsam wunderbar. 155
Da sie gemess'nen Schritts hersür
Zur Tafel kamen von der Thür,
Die Königin verneigte sich
Und jede Jungfrau züchtiglich,
Die da Balsamgläser trug. 160
Die Kön'gin ohne Falsch und Trug
Setzte vor den Wirt den Gral.
Die Märe spricht, daß Parzival
Sie hab' andächtig lang beschaut,
Der der Gral war anvertraut; 165
Er hatt' auch ihren Mantel an.
Die sieben gingen sacht hindann
Zu den achtzehn ersten.