Full text: Grundlagen der deutschen Litteraturkunde (Abt. B)

Martin Luther: Vom Wolff vnd Lemlin. 
75 
selbst zaghaftig waren, haben wir uns nicht wollen in das Wasser begeben 
und Gott versuchen; denn der Teufel ist uns gram und wohnet im Wasser, 
und besser bewahret denn beklaget, und ist ohne Not, daß wir dem Papst 
eine Narrensreude machen sollten.... Jetzt nicht mehr, denn betet für 
uns und seid fromm! Ich halte, wärst Du hier gewesen, so hättest Du 
uns auch also zu thun geraten, so hätten lvir deinem Rate auch einmal 
gefolget. Hiermit Gott befohlen! Amen. 
f. An dieselbe. (Eisleben, am Sonntag Valentini 1546.) 
Gnade und Friede im Herrn! Liebe Käthe, wir hoffen diese Woche 
wieder heimzukommen, ob Gott will. Gott hat große Gnade hier erzeigt; 
denn die Herren durch ihre Räte fast alles verglichen haben, bis auf zwei 
Artikel oder drei, unter welchen ist, daß die zwei Brüder Graf Gebhardt 
und Graf Albrecht wiederum Brüder werden, welches ich heute soll vernehmen, 
und will sie zu mir zu Gast bitten, daß sie auch miteinander reden; denn 
sie bis daher stumm gewesen und mit Schriften sich hart verbittert haben. . . . 
Hier ist das Gerücht herkommen, daß D. Martinus sei weggeführt, wie man 
zu'Leipzig und zu Magdeburg redet. Solches erdichten die Naseweisen, 
Deine Landsleute. Etliche sagen, der Kaiser sei dreißig Meilen Wegs von 
hier bei Soest in Westfalen; etliche, daß der Franzose Knechte annehme, 
der Landgraf auch. Aber laß sagen und singen; wir wollen warten, was 
Gott thun wird! Hierauf Gott befohlen! 
50. Vom Wolff vnd Lemlin. 
EJn Wolff vnd Lemlin kamen on gefehr beide / an einen Bach zu 
trincken / Der Wolff tranck oben am Bach / das Lemlin aber / fern vnten. 
Da der Wolff des Lemlius gewar / war / liess er zu jm / vnd sprach / 
Warumb trübestn mir das Wasser / das ich nicht trincken kan? Das Lemlin 
antwortet / Wie kan ich dirs Wasser trüben / trinckestu doch vber mir / 
vnd möchtest es mir wol trüben? Der Wolff sprach / Wie? Fluchstu mir 
noch dazu? Das Lemlin antwortet / Ich fluche dir nicht. Der Wolff sprach / 
Ja dein Vater thet mir für sechs Monden auch ein solchs / Du wilt dich 
Betern / Das Lemlin antwortet / Bin ich doch dazumal nicht geborn gewest, 
wie sol ich meins Vaters entgelden? Der Wolff sprach / So haftn mir 
aber mein Wiesen vnd Ecker abgenaget vnd verderbet. Das Lemlin ant¬ 
wortet / Wie ist das möglich / hab ich doch noch kein Zeene? Ey sprach 
der Wolff / vnd wenn du gleich viel ausreden vn schwetzen kaust / will ich 
dennoch heint nicht vngefreffeu bleiben / vnd würget also das unschuldig 
Lemlin / vnd frass es.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.