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fach und echt sind die tieferen Kunstmittel! Der Edelknecht „sanft und keck", der (im 
Taucher) aus der Knappen zagendem Chor tritt, wie hebt ihn der Dichter in zartem 
Umriß von der Menge ab, stellt ihn einsam auf luftigem Felsenhang der brüllenden 
Wasserwelt gegenüber! Ein Aufbranden, ein Niederstrudeln, zwei gleich furchtbare 
Akte eines Schauspiels, welches noch schrecklicheren Inhalt verbirgt, die Gebärde des 
Jünglings, der sich Gott befiehlt und dann, bloß im Schrei der versammelten Menge 
gezeichnet, fein Sprung in die Tiefe: 
Und geheimnisvoll über dem kühnen Schwimmer 
Schließt sich der Rachen, er zeigt sich nimmer. 
Gewiß ist das Gemälde der bangen Pause, welche nun folgt, und das 
Und es wallet und siedet und brauset und zischt 
bewundernswürdig, aber nicht minder solche Mitteltinten, wie 
Und sieh! aus dem finster flutenden Schoß 
Da hebet sich's schwanenweiß. 
In den Lauten selbst ist etwas, wie abströmendes Wasser. 
Und ein Arm und ein glänzender Nacken wird bloß, 
Und es rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiß, 
Und er ist's, und hoch in seiner Linken 
Schwingt er den Becher mit freudigem Winken. 
Solche Verse kann man hundertmal lesen, und jedesmal erneut sich die 
Phantasie die Bilder in voller Erstlingsfrische; es ist echte Kunst, klar und doch voll 
unergründlicher Tiefe, jede Strophe wie eine Rebe, daran Schönheiten wie edle 
Trauben hangen. 
Und wie weiß Schiller überall die anhaltende, ununterbrochene Fortdauer der 
Handlung zu wahren! Er hatte über die Technik dieser Sachen das feinste Bewußt¬ 
sein. Wie schroff seine Eingänge, wie rechtzeitig seine Schlüsse! Nie zu viel Körper 
zum Geiste, nie zu viel Charakteristik zur Handlung. Und wie weiß der Dichter mit 
einem einzigen Beiwort, mit einem ehrenden Lobe aus dem Munde des Volkes diese 
Gestalten an unser Herz zu legen, z. B. 
Des Jbykus! Der teure Name 
Rührt jede Brust mit neuem Grame. 
Außer den (in Abschnitt I und III) bereits aufgenommene Balladen Schillers 
mögen hier noch vier der schönsten Dichtungen dieser Art eine Stelle finden. 
Der Gang nach dem Eisenhammer. 
1. Ein frommer Knecht war Fridolin, 
Und in der Furcht des Herrn 
Ergeben der Gebieterin, 
Der Gräfin von Savern. 
Sie war so sanft, sie war so gut, 
Doch auch der Launen Übermut 
Hätt' er geeifert, zu erfüllen 
Mit Freudigkeit, um Gottes willen- 
2. Früh von des Tages erstem Schein, 
Bis spät die Vesper schlug, 
Lebt' er nur ihrem Dienst allein, 
That nimmer sich genug. 
Und sprach die Dame: „Mach' dir's leicht'." 
Da würd' ihm gleich das Auge feucht, 
Und meinte, seiner Pflicht zu fehlen, 
DurfU er sich nicht im Dienste quälen. 
3. Trum vor dem ganzen Dienertroß 
Die Gräfin ihn erhob; 
Aus ihrem schönen Munde floß 
Sein unerschöpflich Lob; 
Sie hielt ihn nicht als ihren Knecht, 
Es gab sein Herz ihm Kindesrecht; 
Ihr klares Auge mit Vergnügen 
Hing an den Wohlgestalten Zügen. 
4. Darob entbrannt' in Robert's Brust, 
Des Jägers, gift'ger Groll, 
Dem längst von böser Schadenlust 
Die schwarze Seele schwoll; 
Und trat zum Grasen, rasch zur That 
Und offen des Verführers Rat, 
Als einst vom Jagen heim sie kamen, 
Streut' ihm in's Herz des Argwohns Samen.
	        
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