Full text: Deutsche Gedichte für die Oberstufe Höherer Mädchenschulen

Hans Sachs. — Martin Opitz. 
21 
wenn ich gesund und frisch werd' sein 
und wieder schneid' an einem Gewand, 
daß ihr dann ans Panier mich mahnt; 
damit ich an die Fahne denke 
und nicht gar tiefer noch versenke 
die Seel' in solches Ungemach." 
Als er nun ward gesund hernach, 
ward, wenn er schnitt an einem Gewand, 
von den Gesellen er ermahnt, 
er solle denken ans Panier. 
Dann sprach er: „Ja, Dank habet ihr!" 
Einen Monat währte solcher Brauch, 
bis einst er hat zu schneiden auch 
ein gülden Stück einer Edelfrauen. 
Die Gesellen taten darauf schauen 
und sagten, er sollt' ans Banner denken. 
Der Meister spricht darauf mit Schwänken: 
„Ich denke wohl an das Panier, 
von mancher Färb' hat's seine Zier, 
doch diese ich nicht sah daran, 
deshalb will ich auch sie noch Han 
und sehen in die Fahn' hinein, 
daß sie mir zier' das Banner mein." 
Nachdem schnitt er vom goldnen Stück 
ein Zipfelchen und sprach: gut Glück! 
und warf's geschwind hin nach der Maus. 
So war die Furcht vorm Banner aus. 
Der Beschluß. 
Hier endet sich die Schwankesmäre, 
aus der man nehmen soll die Lehre, 
daß oft ein Mensch durch Kreuz und Plage 
zu Reu' und Buß' kommt wen'ge Tage; 
doch drückt ihn nicht die Plage mehr, 
so lebt er sündig wie vorher. 
3. Martin Gpitz (1(597—1(639), 
geboren in Dunzlau, lebte unter fürstlicher Gunst an verschiedenen Drten, 
wurde vom Kaiser Ferdinand II. als Dichter gekrönt und von den Zeit¬ 
genossen als „Doberschwan" oder wiederherstelle!? der deutschen Poesie über¬ 
schwenglich gepriesen. Cr starb in Danzig. — In seinem „Luch von der 
deutschen poeterei" (1624) ordnete er die ganz verfallene Verskunst. 
Vertrauen auf Gott. 
Wer Gott das Herze gibet, 
so nie sich von ihm trennt, 
und eine Seele liebet, 
die keine Falschheit kennt: 
Der mag ohn' Sorgen wachen, 
mag schlafen, wie er will, 
weil seine rechte Sachen 
sehn auf ein gutes Ziel.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.