26 I. AuswärtigePolitik Deutschlands im Zeitalter Bismarcks
Deutschland nicht vorhanden, wohl aber die Möglichkeit,
antideutsche Velleitäten in Österreich-Ungarn in Schach
zu halten, solange die deutsche Politik sich die Brücke,
die nach Petersburg führt, nicht abbricht und keinen
Riß zwischen Rußland und uns herstellt, der sich nicht
überbrücken ließe. Solange ein solcher unheilbarer
Riß nicht vorhanden ist, ivird es für Wien möglich
bleiben, die dem deutschen Bündnisse feindlichert oder
fremdelt Elemente irn Zaume zil halten. Wenn aber
der Bruch zwischen uns und Rußland, schon die Ent¬
fremdung, unheilbar erschiene, würden auch in Wien
die Ansprüche ivachsen, die man au die Dienste des
deutschen Bundesgenossen glauben würde stellen zu
können, erstens in Erweiterung des easus foederis, der
sich bisher nach dem veröffentlichten Texte doch nur
auf die Abwehr eines russischen Angriffs auf Österreich
erstreckt, und zweitens in dem Verlangen, dem bezeich¬
neten casus foederis die Vertretung österreichischer Inter¬
essen im Balkan und im Orient zu substituieren, ivas
selbst in unserer Presse schon mit Erfolg versucht worden
ist. Es ist natürlich, daß die Bewohner des Donau¬
beckens Bedürfnisse und Pläne haben, die sich über die
heutigen Grenzen der österreichisch-ungarischen Monarchie
hinaus erstrecken) und die deutsche Reichsverfassung
zeigt den Weg an, auf deni Österreich eine Versöhnung
der politischen und materiellen Interessen erreichen kann,
die zwischen der Ostgrenze des rumänischen Volks¬
stamms und der Bucht von Cnttaro vorhanden sind.
Aber es ist nicht die Aufgabe des Deutschen Reichs,
seine Untertanen mit Gut und Blut zur Verwirklichung
von nachbarlichen Wünschen herzuleihen. Die Erhal¬
tung der österreichisch-ungarischen Monarchie als einer