Full text: Deutsches Lese- und Bildungsbuch für höhere katholische Schulen

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Der Burggraf. 
erzeiht, erlauchter Herzog, wenn wir uns 
Zu drängen wagen durch der Männer Kreis, 
Die hier um Euch in wichtigem Geding 
Versammelt sind! 
Ludwig. 
Herr Burggraf, schön willkommen 
Willkommen, edle Herrn! Was bringt Ihr uns? 
Burggraf. 
Verkünder großer Zukunft nah'n wir Euch. 
Dem Manne gleicht Ihr, der sein früh Geschäft 
Beschickt, indeß in seinem Rücken 
Die Sonne, groß und herrlich, steigt herauf. 
Ludwig. 
Werbt eure Botschaft! Die Versammlung hier 
Kann euch nicht stören; sind es doch die Meinen. 
Was mir verhängt ist, das berührt auch sie. 
Burggraf. 
Seit vierzehn Monden ist das Reich verwaist; 
Wollt' Einer sich des Thrones Stufen nah'n, 
Der Andern Eifersucht riß ihn zurück. 
Zu Trifels auf der alten Kaiserburg, 
Dort liegen herrenlos die Reichskleinode 
Im öden Saal, den Heldengeister hüten, 
Derweil in deutschen Garicn überall 
Gewalt und Zwietracht ungebändigt toben. 
Da fanden endlich an dein Königsstuhl 
Bei Reuse, wo die alten Bäume schatten, 
In großer Anzahl sich die Fürste,r ein 
Und hielten Ratbschlag ob des Reiches Noth. 
Die Thronbewerber wurden dort erwogen, 
Savoyen zog vorüber, Brandenburg, 
Daun Böhmen, lange blieb ans Oesterreich 
Der Blick geheftet — da erscholl die Kunde 
Von Bayerns Heldenwerk bei Gammelödorf *); 
Und plötzlich war's, als stündest du, 
Erlauchter Ludwig, auf dem hohen Tritt 
Des Königsstuhls, im Glanze deines Siegs. 
Von Mainz und Trier, von Brandenburg und Sachsen 
Von Böhmen selber ward auf dich gestimmt, 
Und weichen mußten, die dir's neideten. 
*) Dorf in Oberbayern; hier siegte Ludwig über Oesterreich.
	        
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