Full text: Die deutsche Dichtung des 19. Jahrhunderts in ihren Hauptvertretern

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Daß deine Brust auch jedem Groll entsagt; 
And in der Abschiedsstunde, des zum Zeichen, 
Bewillge huldreich eine Gnade mir! 
Kurf. Sprich, junger Leld! Was ist's, 
das du begehrst? 
Mein Wort verpfänd' ich dir und Ritterehre! 
Was es auch sei, es ist dir zugestanden! 
P. v. H. Erkauf, o Lerr, mit deiner 
Nichte Land 
Bon Gustav Karl den Frieden nicht! Lin- 
weg 
Mit diesem Unterhändler aus dem Lager, 
Der solchen Antrag ehrlos dir gemacht: 
Mit Kettenkugeln schreib die Antwort ihm! 
Kurf, (küßt seine Stirn). Sei's, wie du sagst; 
mit diesem Kuß, mein Sohn, 
Bewilligt sei die letzte Bitte dir! 
Was auch bedarf es dieses Opfers noch. 
Vom Mißglück nur des Kriegs mir abge¬ 
rungen? 
Blüht doch aus jedem Wort, das du ge¬ 
sprochen, 
Jetzt mir ein Sieg auf, der zu Staub ihn 
malmt! 
Prinz Lomburgs Braut sei sie, werd' ich ihm 
schreiben. 
Der Fehrbellins halb dem Gesetz verfiel, 
And seinem Geist, tot vor den Fahnen 
schreitend, 
Kämpf' er auf dem Gefild der Schlacht sie ab! 
(Er küßt ihn noch einmal und erhebt ihn.) 
P. v. H. Nun sieh, jetzt schenktest du das 
Leben mir! 
Nun fleh' ich jeden Segen dir herab. 
Den von dem Thron der Wolken Seraphin' 
Auf Leldenhäupter jauchzend niederschütten: 
Geh und bekrieg, o Lerr, und überwinde 
Den Weltkreis, der dir trotzt — denn du bist's 
wert! 
Kurf. Wache! Führt ihn zurück in sein 
Gefängnis! 
8. Auftritt. 
Natalie und die Kurfürstin zeigen sich unter der Tür, 
Lofdamen folgen. Die Vorigen. 
Natalie. O Mutter, laß! Was sprichst 
du mir von Sitte? 
Die höchst' in solcher Stund' ist, ihn zu lieben! 
— Mein teurer, unglückselger Freund! 
P. v. H. (bricht auf). Äinweg! 
Graf Truchß (hält ihn). Nein, nimmermehr, 
mein Prinz! 
(Mehrere Offiziere treten ihm in den Weg.) 
P. v. H. Führt mich hinweg! 
Hohz. Mein Kurfürst, kann dein Lerz — ? 
P. v. $j. (reißt sich los). Tyrannen, wollt ihr 
Äinaus an Ketten mich zum Richtplatz schleifen? 
Fort! — Mit der Welt schloß ich die Rech¬ 
nung ab! (Ab, mit Wache.) 
Natalie (indem sie sich an die Brust der Tante legt). 
O Erde, nimm in deinen Schoß mich auf! 
Wozu das Licht der Sonne länger schauen? 
9. Austritt. 
Die Vorigen, ohne den Prinzen von Lomburg. 
Feldmarschall. O Gott der Welt! Mußt' 
es bis dahin kommen! 
(Der Kurfürst spricht heimlich und angelegentlich mit 
einem Offizier.) 
Kottw. (kalt). Mein Fürst und Äerr, nach 
dem, was vorgefallen, 
Sind wir entlassen? 
Kurf. Nein! Zur Stund' noch nicht! 
Dir sag' ich's an, wenn du entlassen bist! 
(Er fixiert ihn eine Weile mit den Augen; alsdann 
nimmt er die Papiere, die ihm der Page gebracht hat, 
vom Tisch und wendet sich damit zum Feldmarschall.) 
Lier diesen Paß dem schwedschen Grasen 
Lorn! 
Es wär' des Prinzen, meines Vetters, Bitte, 
Die ich verpflichtet wäre zu erfüllen; 
Der Krieg heb' in drei Tagen wieder an! 
(Pause. — Er wirft einen Blick in das Todesurteil.) 
Za, urteilt selbst, ihr Lerrn! Der Prinz von 
Lomburg 
Lat im verflossenen Jahr durch Trotz und 
Leichtsinn 
Am zwei der schönsten Siege mich gebracht; 
Den dritten auch hat er mir schwer gekräntt. 
Die Schule dieser Tage durchgegangen. 
Wollt ihr's zum viertenmale mit ihm wagen? 
Kottw. u. Truchß (durcheinander). Wie, 
mein vergöttert — angebeteter —? 
Kurs. Wollt ihr? Wollt ihr? 
Kottw. Bei dem lebendgeli Gott, 
Du könntest an Verderbens Abgrund stehn. 
Daß er, um dir zu helfen, dich zu retten, 
Auch nicht das Schwert mehr zückte, un- 
gerufen! 
Kurf, (zerreißt das Todesurteil). So folgt, ihr 
Freunde, in den Garten mir! (Alle ab.)
	        
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