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Seite ansah und mich für einen hielt, den sein plötzliches Glück verrückt gemacht hätte.
Ich aber ließ mich das nicht anfechten. Denn nicht weit von mir im herrschaftlichen
Garten hörte ich feine Stimmen sprechen, unter denen ich die meiner schönen Frau zu
erkennen meinte, obgleich ich wegen des dichten Gebüsches niemand sehen konnte. Da
band ich denn alle Tage einen Strauß von den schönsten Blumen, die ich hatte, stieg
jeden Abend, wenn es dunkel wurde, über die Mauer und legte ihn auf einen steinernen
Tisch hin, der dort inmitten einer Laube stand; und jeden Abend, wenn ich den neuen
Strauß brachte, war der alte von dem Tische fort.
Eines Abends war die Herrschaft auf die Jagd geritten; die Sonne ging eben
unter und bedeckte das ganze Land mit Glanz und Schimmer, die Donau schlängelte
sich prächtig wie von lauter Gold und Feuer in die weite Ferne, von allen Bergen
bis tief ins Land hinein sangen und jauchzten die Winzer. Ich saß mit dem Portier
auf dem Bänkchen vor meinem Lause und freute mich in der lauen Luft, wie der
lustige Tag so langsam vor uns verdunkelte und verhallte. Da ließen sich auf einmal
die Lörner der zurückkehrenden Jäger von ferne vernehmen, die von den Bergen gegen¬
über einander von Zeit zu Zeit lieblich Antwort gaben. Ich war recht im innersten
Lerzen vergnügt und sprang auf und rief wie bezaubert und verzückt vor Lust: „Nein,
das ist mir doch ein Metier, die edle Jägerei!" Der Portier aber klopfte sich ruhig
die Pfeife aus und sagte: „Das denkt Ihr Euch just so. Ich habe es auch mit¬
gemacht, man verdient sich kaum die Sohlen, die man sich abläuft; und Lüsten und
Schnupfen wird man erst gar nicht los, das kommt von den ewig nassen Füßen." —
Ich weiß nicht, mich packte da ein närrischer Zorn, daß ich ordentlich am ganzen Leibe
zitterte. Mir war auf einmal der ganze Kerl mit seinem langweiligen Mantel, die
ewigen Füße, sein Tabaksschnupfen, die große Nase und alles abscheulich. — Ich
faßte ihn wie außer mir bei der Brust und sagte: „Portier, jetzt schert Ihr Euch
nach Lause, oder ich prügle Euch hier sogleich durch!" Den Portier überfiel bei
diesen Worten seine alte Meinung, ich wäre verrückt geworden. Er sah mich bedenk¬
lich und mit heimlicher Furcht an, machte sich, ohne ein Wort zu sprechen, von mir
los und ging, immer noch unheimlich nach mir zurückblickend, mit langen Schritten
nach dem Schlosse, wo er atemlos aussagte, ich sei nun wirklich rasend geworden.
Ich aber mußte am Ende laut auflachen und war herzlich froh, den superklugen
Gesellen los zu sein; denn es war gerade die Zeit, wo ich den Blumenstrauß immer
in die Laube zu legen pflegte. Ich sprang auch heute schnell über die Mauer und
ging eben auf das steinerne Tischchen los, als ich in einiger Entfernung Pferdetritte ver-
nahm. Entspringen konnt' ich nicht mehr, denn schon kam meine schöne gnädige Frau
selber, in einem grünen Iagdhabit und mit nickenden Federn auf dem Lute, langsam
und, wie es schien, in tiefen Gedanken die Allee herabgeritten. Es war mir nicht
anders zumute, als da ich sonst in den alten Büchern bei meinem Vater von der
schönen Magelone gelesen, wie sie so zwischen den immer näher schallenden Wald¬
hornsklängen und wechselnden Abendlichtern unter den hohen Bäumen hervorkam, —
ich konnte nicht vom Fleck. Sie aber erschrak heftig, als sie mich auf einmal gewahr
wurde, und hielt fast unwillkürlich still. Ich war wie betrunken vor Angst, Lerz-
klopfen und großer Freude, und da ich bemerkte, daß sie wirklich meinen Blumenstrauß
von gestern an der Brust hatte, konnte ich mich nicht länger halten, sondern sagte
ganz verwirrt: „Schönste gnädige Frau, nehmt auch noch diesen Blumenstrauß von
mir und alle Blumen aus meinem Garten und alles, was ich habe. Ach, könnt' ich
nur für Euch ins Feuer springen!" — Sie halte mich gleich anfangs so ernsthaft
und fast böse angeblickt, daß es mir durch Mark und Bein ging; dann aber hielt sie,
solange ich redete, die Augen tief niedergeschlagen. Soeben ließen sich einige Reiter
und Stimmen im Gebüsche hören. Da ergriff sie schnell den Strauß aus meiner
Land und war bald, ohne ein Wort zu sagen, am andern Ende des Bogenganges
verschwunden.
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