E. Walther von der Vogelweide.
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25. Botschaft. Schließt an Nr. 24 zeitlich an; der Dichter mahnt den
Kaiser zum Zuge ins heilige Land; er tritt als Bote Gottes (kronebote) auf. —
io ff. Wenn der Kaiser als Gottes Vogt hier auf Erden seine Pflicht tut, wird
auch Gottes Sohn ihn recht richten, selbst wenn er gegen den Teufel klagte.
26. Ottos Milde. Vergleich Ottos und des jungen Friedrichs II. hin¬
sichtlich ihrer Freigebigkeit. Walther sagt sich hier von Otto los und geht offen zu
Friedrich über, au deu er in Vers 10 eine unverhüllte Bitte richtet. Friedrich II.
kam 1215 nach Deutschland. — 2 Da hatte ich mich im Maße geirrt. — 8 dem
kirn ege] nämlich Friedrich II., der erst 1220 von Honorius III. zum Kaiser ge¬
krönt wird.
27. Bitte um ein Heim. Der Spruch fällt in die Zeit, wo ein Gegenkönig
(Friedrich H.) dem wankenden Kaiser Otto Schach bot (Zeile 10). Walther bittet
um ein Heim und stellt Otto dafür Gottes Hilfe in seiner Bedrängnis in Aussicht.
28. An Friedrich II. Die Bitte des Gedichtes Nr. 27 scheint keinen Erfolg
gehabt zu haben, sie ist an Friedrich II., den König von Apulien (Fülle) erneuert.
Auch hier bricht der Verdruß über das Gastsein wiederum durch (Zeile 8). Erst
ein Mann mit Eigenbesitz (wirt Zeile 9) kann in Ruhe schöne Lieder singen.
Danach sehnt sich auch Walther.
29. Dank für das Lehen. Hier ist die Bitte, die im vorigen Gedichte
(Nr. 28) ausgesprochen wurde, erfüllt. Nun fühlt sich Walther wieder sanges¬
freudig. Das Geschenk Friedrichs fällt jedenfalls ins Jahr 1220. — 7 in butzen
wis] als Popanzsigur, Schreckgestalt (wegen seines allzuhüufigen Zugastseins).
30. Lehrer der Christenheit. Dies Gedicht wendet sich gegen den Papst,
dem bitter vorgeworfen wird, daß er Habsucht, Lüge und Trug in der Christenheit
verschuldet hätte. — 9 verkeren] verdrehen, übel auslegen. — io ist nicht auf
den Papst zu beziehen; wer dem Dichter dies übel auslegt, der verrät sich als
zweiter Judas mit dem alten Judas, dem Verräter Christi.
31. Stuhl zu Rom. Vergleich zwischen Jnnocenz III. und Gerbert
(Silvester II. 999—1003). Silvester stand im Rufe eines Zauberers, ihn soll der
Teufel geholt haben (Zeile 3). 4 dirre] nämlich Jnnocenz III., dem die Ver¬
derbnis der ganzen Christenheit schuld gegeben wird. — 8 kameraere] der Papst
als Kämmerer in Bezug auf das Schlüsselamt. — himmelhort] Schatz göttlicher
Gnadenmittel, die der Papst verwaltet. — 9 süener] Richter, Friedensstifter.
32. Der Opferstock. Richtet sich gegen die von Jnnocenz III. im
Jahre 1213 angeordnete Aufstellung eines Opferstockes für Beisteuern zu einem
Kreuzzuge. — 4 zwen’ Almän] nämlich Otto und Friedrich II.
F. Neidhart von Reuental.
Sommerlieder.
1. 1 aller gr!8e] ganz grau. — 3 derst] der ist. — gar] ganz. — 5 stolziu
kint] stolze Mädchen. — 6 reiet] führen Euren Reigen aus. — dL] da, wo. —
15 min liep] meine Geliebte. — schat] Schatten. — 17 wac] Praet. von wegen
sich bewegen, dann übertragen „helfen". Manches Blatt half ihr mit seiner Be¬
wegung gegen die Sonnenhitze.
2. 2 aber] wiederum. — 3 hiwer als s] heuer, in diesem Jahre, wie ehe¬
mals. — 5 rüme ez] räume es (das Land). — io Der Mai ist nun Landesherr
an Stelle des Winters und nimmt den Zoll. — n vaht] Praet von vehten st.
ii ff. Die kranke Alte wird durch den Mai so gesund, daß sie wieder tanzt und
wie ein Widder alles niederstößt, was ihr im Wege steht.