Erzählende Dichtung. 
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Jahren, als ich schon lang und altklug an seiner Seite ging, darum mahnen 
lassen müssen. Unerschöpflich war er in Erfindungen uns zu unterhalten, und 
da dazu bei Kindern nichts als guter Wille gehört, fo mißlang es ihm nie. 
Eine Hauptfreude war es für uns, wenn er ein Stück Kreide in die Hand 
nahm, sich mit uns an seinen runden Tisch setzte und zu zeichnen anfing, Mühlen, 
Häuser, Tiere, und was es weiter gab. Dabei kamen ihm die lustigsten Ein¬ 
fälle, die mir noch in den Ohren klingen. Selbst seilt höchster Genuß war 
keiner für ihn, wenn wir ihn nicht teilten. Er bestand darin, daß er des Sonn¬ 
tags Vormittags nach der Predigt und vor der Mahlzeit langsam zur Erinnerung 
an bessere Zeiten ein sogenanntes helles Plant Branntwein trank imb eine 
Pfeife dazu rauchte. Von diesem Branntwein mußten wir jeder eilten Finger- 
hut voll bekommen, oder er schmeckte ihm selbst nicht. Das Getränk war aller¬ 
dings nicht das schicklichste für uns, aber die Quantität war gering genug um 
nachteilige Folgen zu verhüten; mein Vater verbot jedoch diese Sonntagsfeier, 
als er dahinterkam. Dies betrübte den guten Alten sehr, hielt ihn aber, wie 
ich hinzusetzen muß, nicht ab uns wieder mittrinken zu lassen, ltur daß es ganz 
in der Stille geschah und daß er uns driitgend anempfahl dem Vater nachher 
ans dem Wege zu gehen, damit er keine Gelegenheit erhalte einen von lins zu 
küssen und so die Übertretung seiner Vorschrift zu entdecken; ein Kuß, den 
Lippen meines Vaters aufgedrückt, hatte ihm nämlich das Spiel verraten. Zu¬ 
weilen brachte der eine oder der andere seiner beiden unverheirateten Brüder, die 
meistens im Lande hernmstreiftell und Taugenichtse sein mochten, den Winter 
bei ihm zu. Sie fanden bei ihm immer willig Aufnahme itnb blieben, bis sie 
der Frühling oder der Hunger forttrieb; er jagte sie nicht, so schmal sein Stück 
Brot war, er brach es mit Freuden noch einmal durch, aber welm er gar nichts 
hatte, so konnte er freilich auch nichts geben. Wenn Onkel Hans oder Johann 
kamen, war es für uns ein Fest, denn sie ließen ein neues Stück Welt in unser 
Nest fallen, sie erzählten uns von Wäldern und ihren Abellteuern darin, von 
Räubern und Mördern, denen sie nur kaum entgangen seien, von Schwarzsauer, 
das sie in einsamen Waldschenken gegessen, und von Menschenfingern lind Zehen, 
die sie zuletzt ans dem Grunde der Schüssel gefunden haben wollten. Der 
Hausfrau waren die aufschneiderischen Schmarotzer-Schwäger höchst unwill¬ 
kommen, denn sie trug die Last des Lebens nicht so leichten Mutes wie ihr 
Mann und sie wußte, daß sie nicht wieder gingen, solange noch ein Stück Speck 
im Schornstein hing, aber sie begnügte sich heimlich zu murren und etwa 
gegen meine Mutter ihr Herz auszuschütten. Uns Kinder hatte allch sie gern 
lind beschenkte uns im Sommer, so oft sie konnte, mit roten und weißen 
Johannisbeeren, die sie sich selbst von einer geizigen Freundin erbettelte. 
In meinem vierten Jahre wurde ich in eine Klippschule gebracht. Eine 
alte Jungfer, Susanna mit Namen, hoch und männerhaft von Wuchs mit freund¬ 
lichen blauen Augen, die wie Lichter aus einem graublassen Gesicht hervor¬ 
schimmerten, stand ihr vor. Wir Kinder wurden irr dem geräumigen Saal, der
	        
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