Geschichte. 
47 
Staat, und wenn sie sich darbot, konnte er sich nicht entschließen sie einzunehmen; 
mit tiefer Erbitterung nahm er es auf, wenn Personen und Gesetze nicht unbe¬ 
dingt vor ihm sich beugten, und doch trat er selbst mit nicht bloß affektierter 
Bescheidenheit überall auf als einer von vielen Gleichberechtigten und zitterte 
vor dem bloßen Gedanken etwas Verfassungswidriges zu beginnen. Also be¬ 
ständig in gründlicher Spannung mit und doch zugleich der gehorsame Diener 
der Oligarchie, beständig gepeinigt von einem Ehrgeiz, der vor seinem eigenen 
Ziele erschrickt, verfloß ihm in ewigem innerem Widerspruch freudelos sein viel¬ 
bewegtes Leben. 
II. 
Ebensowenig als Pompejus kann Markus Crassus zu den unbedingten 
Anhängern der Oligarchie gezählt werden. Er ist eine für diese Epoche höchst 
charakteristische Figur. Wie Pompejus, dem er im Alter um wenige Jahre 
voranging, gehörte auch er zu dem Kreise der hohen römischen Aristokratie, 
hatte die gewöhnliche standesmäßige Bildung erhalten und gleich Pompejus 
unter Sulla im italischen Kriege mit Auszeichnung gefochten. An geistiger Be¬ 
gabung, literarischer Bildung und militärischem Talent weit zurückstehend hinter 
vielen seinesgleichen, überflügelte er sie durch seine grenzenlose Rührigkeit und 
durch die Beharrlichkeit, mit der er rang alles zu besitzen und alles zu bedeuten. 
Vor allen Dingen warf er sich in die Spekulation. Güterkäufe während der 
Revolution begründeten sein Vermögen; aber er verschmähte keinen Erwerbs¬ 
zweig : er betrieb das Baugeschäft in der Hauptstadt ebenso großartig wie vor¬ 
sichtig; er ging mit seinen Freigelassenen bei den mannigfaltigsten Unternehmungen 
in Kompagnie; er machte in und außer Rom, selbst oder durch seine Leute, den 
Bankier; er schoß seinen Kollegen im Senat Geld vor und unternahm es für 
ihre Rechnung, wie es siel, Arbeiten auszuführen oder Richterkollegien zu be¬ 
stechen. Wählerisch im Prositmachen war er eben nicht. Schon bei den sulla- 
nischen Achtungen war ihm eine Fälschung in den Listen nachgewiesen worden, 
weshalb Sulla sich von da an in Staatsgeschäften seiner nicht weiter bedient 
hatte. Übrigens vermied er offene Kollisionen mit der Kriminaljustiz und lebte 
als echter Geldmann selbst bürgerlich und einfach. Auf diesem Wege ward 
Crassus binnen wenig Jahren aus einem Mann vom gewöhnlichen senatorischen 
der Herr eines Vermögens, das nicht lange vor seinem Tode nach Bestreitung 
ungeheurer außerordentlicher Ausgaben sich noch auf 170 Mill. Sesterzen 
(12 Mill. Taler) belief: er war der reichste Römer geworden und damit zu¬ 
gleich eine politische Größe. Wenn nach seiner Äußerung niemand sich reich 
nennen durfte, der nicht aus seinen Zinsen ein Kriegsheer zu unterhalten 
vermochte, so war, wer dies vermochte, kaum noch ein bloßer Bürger. In der 
Tat war Crassus' Blick auf ein höheres Ziel gerichtet als auf den Besitz der 
gefülltesten Geldkiste in Rom. Er ließ es sich keine Mühe verdrießen seine 
Verbindungen auszudehnen. Jeden Bürger der Hauptstadt wußte er beim 
Namen zu grüßen. Keinem Bittenden versagte er seinen Beistand vor Gericht.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.