Von Gottsched bis zu Klopstock. 
Johann Christian Günther 
geb. in Striegau 1695, gest. in Jena 1723. 
1. Die unwiederbringliche Zeit. 
Ich weiß noch wohl die liebe Zeit, 
in der ich mich genug erfreut: 
was waren das für füße Tage! 
Die Schläfe trugen Blum' und Glut 
und kannten weder Wunsch noch Plage, 
noch was den Greisen bange tut. 
Mein Sorgen ging auf Lust und Scherz. 
Mein Äerz war Amarenthens Äerz, 
wir zählten weder Kuß noch Stunden; 
Tanz, Schauplatz, Gärten, Spiel und Wein 
und aller Vorteil der Gesunden 
nahm Blut und Geist mit Wollust ein. 
Wie? Was erzähl' ich einen Traum? 
Zum wenigsten gedenkt mich's kaum. 
Mein Gott, wie ist die Zeit entronnen! 
Was hast du Äerz von aller Lust? 
Dies, daß du Reu' und Leid gewonnen 
und missen und entbehren mußt. 
Ihr, die ihr die Natur versteht 
und durch die Kunst oft höher geht, 
ihr könnt euch mir recht sehr verbinden: 
Ach, sagt mir doch, ich sieh' euch an, 
wie soll ich die Maschine finden, 
die Zeit und Jugend hemmen kann? 
2. Bußgedanken. 
Ich höre, großer Gott, den Donner deiner Stimme, 
du hörest mich nicht mehr: ich soll von deinem Grimme 
aus Größe meiner Schuld ein ewig Opfer sein. 
Ich soll, ich muß, ich will, ich gebe mich darein, 
Lesebuch für höhere Mädchenschulen. VI. 
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