— 178 —
Die Verbindung des deutschen Königtums mit der Kaiser¬
würde veranlaßte die Könige, nach Rom zu ziehen und führte
auch zahlreiche Deutsche nach dem Süden, nach Italien. Daraus
ist für unser Volk nnzweiselhast mancher Gewinn hervorgegangen.
Italien, das Land einer hohen und alten Kultur, der Sitz von
Kunst und Wissenschaft, Überhaupt eine Heimat des geistigen
Lebens, bot den Deutschen vielfache Gelegenheit, zu lernen, An¬
regungen zu empfangen, ihre Bildung zu erhöhen. Auch gab die
Kaiserwürde dem deutschen Reiche ein besonderes Ansehen uud
den Vorrang unter den Völkern des Abendlandes. Doch ist die
Verbindung Deutschlands mit Italien auch von großem Nachteil
gewesen. Das heiße Klima des Südens zehrte an germanischer
Kraft, und Italien erschien zuweilen direkt als das Grab der
deutschen Könige. Um das Land zu behaupten, bedurfte es nicht
selten ganz erheblicher Anstrengungen und wiederholter Kriegszüge.
Tausende von deutschen Männern haben für den fremden Besitz
Gut und Blut opfern müssen. Manche Könige hielten sich mit
Vorliebe in Italien aus und vernachlässigten dabei Deutschland;
denn in der Zeit, da sie im fremden Lande weilten, konnten die
herrschsüchtigen Fürsten ihre Macht immer mehr befestigen. Das
führte zu inneren Unruhen und mußte das Ansehen der Könige
im eignen Lande ganz erheblich beeinträchtigen. Größer als der
Nutzen war daher der Nachteil der vielen Römerzüge. Ein großes
Maß deutscher Kraft ist dabei nutzlos verbraucht worden.
d) Hofbeamte. Die Beamten der königlichen Kanzlei, die
Urkunden uud Schriftstücke anzufertigen hatten, waren zuerst Geist¬
liche. Der oberste von ihnen, der zugleich Oberhofprediger war,
erhielt den Titel Erzkanzler. Dieses Amt war mit dem Erzbistum
Mainz verbunden.
Die Urkunden wurden von den Merowingerfürsten eigenhändig
unterschrieben, und außerdem druckten sie dem im Pergament
befestigten Wachs ihren Siegelstempel auf. Bei den Karolingern
blieb die Unterschrift weg, da Pipin und Karl nicht schreiben
konnten, und man beschränkte sich auf das Siegel. Unter den
sächsischen Kaisern kamen die sogenannten Majestätssiegel auf, die
den Herrscher, aus dem Throne sitzend, in ganzer Figur darstellten.
Später wurden Wachssiegel mit Seidenfäden an den Urkunden
angehängt, uud um sie vor Beschädigungen zu schützen, fertigte
man dazu Schutzkapseln aus Holz oder Metall, später Bullen
genannt, welcher Name auf die Gesetze selbst übertragen wurde.