821
Mit Gewändern, edlen Weinen
Von dem Markte heut zurückkehrt.
Schon hinunter sank die Sonne,
Und der Mond tritt durch die Wolken,
Und der Räuber steht erwartend
Hinterm hohen Crucifixe.
Horch, da tönt's wie Engelstimmen:
Leise Seufzer, laute Bitten
Kommen hell wie Abendglocken
Durch die stille Lust getragen;
Süß mit ungewohnten Tönen
Stiehlt Gebet sich in sein Ohr,
Und er steht und lauscht begierig.
„O du Schirmvogt der Verlassenen!
O du Hüter der Verlornen!
Neig', o neig' dein himmlisch Antlitz,
Sonnenhelle, selig lächelnd,
Nieder auf uns arme Kleine!
Breit', o breit' die lieben Arme,
Die du ausgespannt am Kreuze,
Wie zween Flüglein um den Vater,
Daß kein Sturm den Pfad zerwühle.
Daß sein gutes Roß nicht strauchle,
Nicht der Räuber, stumm und lauernd,
In der Waldschlucht ihn entdecke!
O du Schirmvogt der Verlass'nen,
O du Hüter der Verlornen,
Führ' uns heim den guten Vater!" —
Und der Räuber hört es Alles
Hinterm hohen Crucifixe.
Drauf der Kleinste, sich bekreuzend,
Fromm die zarten Hände faltend:
„Lieber Christe!" lallt er kindisch,
„Ja, ich weiß, du bist allmächtig,
Sitzend aus des Himmels Thronen
Unter Sternen, glänzend goldnen,
Unter Englein, lieblich lust'gen,
Wie die Mittler mir's erzählt hat:
O sei gnädig, lieber Christe!
Gieb den Räubern, den verwegnen,
Lüben's Auswahl. IH.
21