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hielt deine bleiche Hand umschlungen
und hab verzagend noch gehofft;
sah dir ins müde, liebe Auge:
O komm doch, Schlaf, erquickend lind!
Er kam; zum letzten Male klang es:
„Gute Nacht, Mutter!" — „Gute Nacht, Kind!"
5. Wie Glockenklang vom Meeresgrunde
ein Wort durch meine Seele zieht,
so wehmutsvoll wie Abendstimmen,
so mild als wie ein Schlummerlied.
Und kann ich keine Ruhe finden,
wenn Gram und Sorge mich umspinnt,
dann hör ich's raunen, Frieden bringend:
„Gute Nacht, Mutter!" — „Gute Nacht, Kind!"
6. Frau Nat Goethe.
Llisa-eth Mentzel,
handschriftlich von der Verfasserin.
Bis ins hohe Alter verkehrte Goethe gern mit heiter veran¬
lagten, edeln Frauen. Ihrem wohltuenden Einfluß auf die Familie
und auf das gesellige Leben ließ er volle Würdigung zuteil werden.
Es klingt immer wie ein besonderes Lob, wenn er bei einer Frau oder
einem jungen Mädchen angeborene Heiterkeit und Fröhlichkeit als
namentlich ins Auge springende Eigenschaften hervorhebt.
Dies hatte seinen tiefen Grund. Zeine Mutter war eine solche
Frohnatur, wie er dies in den bekannten schalkhaften Versen zum Aus¬
druck bringt:
„vom Vater hab ich die Statur,
des Lebens ernstes Führen,
vom Mütterchen die Frohnatur
und Lust zum Fabulieren."
von ihr wußte er genau, wieviel Legen, welch eine Fülle versöhnender
und erhebender Einwirkungen eine solche Persönlichkeit in ihre Umge¬
bung zu tragen vermag.
Bereits in seinem ersten größeren Werke, in dem Drama „Götz
von Berlichingen", nennt Goethe, noch ganz unter dem Einfluß des
traulichen Vaterhauses stehend, Fröhlichkeit die Mutter aller Tugenden.