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dieser eben mit leuchtendem Schwerte zum Todesstreiche aus¬
holte.
Viele Trojaner sanken von des Achilles und seiner Genossen
Streichen in den Tod, nur Hektor, nach dem ihm am meisten
verlangte, konnte Achilles nicht finden; denn Apollo hatte dem¬
selben befohlen, sich jetzt nicht mit Achilles zu messen. Und
er gehorchte der Stimme des Gottes, wenn er auch unmutig mit
ansah, wie so viele seiner Freunde von dem schrecklichen Helden
in den Staub dahingestreckt wurden.
Doch als er auch seinen lieben Bruder Polydorus unter den
Händen des Achilles fallen sah, bezwang er sich nicht länger,
und den Speer hoch schwingend, stürmte er gegen Achilles an.
Dieser jauchzte laut auf, als er den lange umsonst Gesuchten
kommen sah; aber noch nicht sollte Hektor in den Tod sinken.
Dreimal sprang Achilles gegen ihn an, aber dreimal hüllte ihn
Apollo in eine schützende Wolke und bewahrte sein Leben.
Da wandte sich Achilles gegen andere Feinde; bald triefte
sein Speer wieder von Trojanerblut, und vielen Frauen der Tro¬
janer bereitete seine Hand Trauer.
Der Greis Priamus sah von der Mauer aus die Not seines
Volkes, und wie die Trojaner fliehend der Stadt sich zudrängten.
Wehklagend stieg er hinab, um die Tore für die Heranfliehen¬
den geöffnet zu halten, damit sie hineinstürzen könnten, ehe
der schnelle Achilles sie zu erreichen -vermöchte.
Alle Trojaner bis auf einen waren schon hinter die
Mauer geflüchtet. Eine schreckliche Stille herrschte nach dem
Kampfgetöse, wie gefegt war das Feld von dep Streitern, frei
gemacht für die Rache des Achilles; denn der eine, der noch
vor der Stadt war, war Hektor. Umsonst flehte von der Mauer
herab Priamus den Sohn an, nicht den daherstürmenden Feind
zu erwarten, sondern sich zu flüchten, solange es noch Zeit sei.
„Liebster Sohn,“ rief er, „halte nicht jenem Manne stand, so
ganz allein und fern dem Beistände anderer. Hat er nicht vor¬
hin erst mich meines Sohnes Polydorus beraubt? Und soll er
mich nun auch deiner berauben, der du der Trost und die
Stütze der Trojaner bist? Komm hinter die Mauer und erspare
deiner Mutter und mir unsäglichen Jammer.“
Aber nicht rührte diese Rede das Herz des kampflustigen
Sohnes, und auch die liebende Mutter, die laut weinend auf
der Mauer stand, vermochte nicht mit ihren Tränen seinen Sinn