Full text: [Teil 3 = 6., 7. u. 8. Schulj] (Teil 3 = 6., 7. u. 8. Schulj)

271 
tor wurde der Platz des Verkehrs mit den Landbewohnern, und wenn sich 
um den Markt am Fuße der Burg eine ansehnliche Bevölkerung ange¬ 
siedelt hatte, so umschloß mau dieselbe mit einem zweiten Mauerkreise, und 
so wurde die ursprüngliche Stadt im Gegensatz zu der unten neu ent¬ 
standenen die Oberstadt oder Akropolis. 
Athen ist wie Rom eine Hügelstadt, oberhalb einer fruchtbaren Ebene 
zwischen felsigen Höhen gelagert. Man wählte zur Burg nicht den höchsten 
der Felshügel, sondern denjenigen, der oben die größte Fläche, rings 
umher die steilsten Wände darbot. Nach Norden, Süden und Osten senkt 
sich der Burgfelsen mit unzugänglichen Abhängen in das Tal; nur gegen 
Westen dacht er sich allmählich ab, nur hier liegt über seinem Fuße eine 
breite Erdlage, auf welcher der Weg zu der Hochfläche hinaufführt. Auf 
dem geebneten Burgfelsen nun bauten die ältesten Athener ihre Heiligtümer, 
die hier wie überall in Griechenland den Mittelpunkt der Niederlassung 
bildeten. Es hatte aber jeder Stamm eine Gottheit, die er vor allen 
andern verehrte. Dieser Stammheros der Athener war Erechtheus; seine 
göttliche Pflegerin aber, Athene, die Tochter des Zeus, tvar die Stamm- 
und Burggöltiu. Für ihr Bild gründete man zuerst eine heilige Stätte. 
Zur Zeit der Perserkriege drangen die Barbaren auf heimlichem Wege 
in die Burg und verbrannten die Tempel und Altäre. Da schien es, 
als habe Athene ihre Stadt verlassen und ihre Burg preisgegeben; doch 
siehe, am Tage nach dem Brande treibt zum schönen Wahrzeichen der 
heilige Olbaum wieder frische Zweige, und lorbeerbekränzt tragen die Athener 
das Bild ihrer Göttin an die alte geweihte Stätte, von wo nun ihr Segen 
reicher als jemals zuvor auf die Stadt der Athener uiederströmte. 
Die Herrschergewalt war inzwischen von der Burg herabgestiegen, das 
ganze Staatsleben hatte seinen Sitz in der Unterstadt, die Burg war den 
Göttern geräumt. Jetzt galt es, von allen errungenen Siegen diesen 
die Ehre zu geben und der Stadt selbst ein Denkmal ihrer glorreichsten 
Zeit zu errichten. Die Bau- und Bildhauerkunst waren eben zu den 
höchsten Leistungen herangereift; Athen war der Sitz des Geschmacks und 
einer begeisterten Kunstliebe, die Bürger durchdrungen von dem Gefühl 
des Ruhmes ihrer herrlichen Stadt. Ihre Flotten herrschten ans 
dem Meere, ihr Hafen war der Marktplatz von ganz Griechenland; 
viele hundert Insel- und Küstenstädte sandten ihren jährlichen Tribut in 
die Bundeskasse auf der Burg, wo aus dem Überschuß der Einnahmen 
ein Schatz von mehr als 13 Millionen Taler beisammen war. Wenige 
Stunden von Athen hatte man unerschöpfliche Adern des schönsten Marmorsteins 
entdeckt; zwei Männer endlich wie Perikles und Phidias standen beieinander, 
um mit allem Aufwand der reichsten Mittel die öffentlichen Arbeiten zur
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.