Full text: (Für das 2. und 3. Schuljahr) (Teil 1)

Rotkäppchen. 
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Tages sprach seine Mutter zu ihm: „Komm, Rotkäppchen, da 
hast du ein Stück Kuchen und eine Flasche Wein, bring das 
der Großmutter hinaus! Sie ist krank und schwach und wird 
sich daran laben. Mach dich auf, bevor es heiß wird, und 
wenn du hinauskommst, so geh hübsch sittsam und lauf nicht 
vom Wege ab, sonst fällst du und zerbrichst das Glas, und 
die Großmutter hat nichts. Und wenn du in ihre Stube kommst, 
so vergiß nicht „guten Morgen“ zu sagen, und guck nicht erst 
in allen Ecken herum.“ „Ich will schon alles gut machen,“ 
sagte Rotkäppchen zur Mutter und gab ihr die Hand darauf. 
2. Die Großmutter aber wohnte draußen im Walde, eine 
halbe Stunde vom Dorfe. Wie nun Rotkäppchen in den Wald 
kam, begegnete ihm der Wolf. Rotkäppchen aber wußte nicht, 
was das für ein böses Tier war, und fürchtete sich nicht vor 
ihm. „Guten Tag, Rotkäppchen!“ sprach er. „Schönen Dank, 
Wolf!“ „Wo hinaus so früh, Rotkäppchen?“ „Zur Gro߬ 
mutter.“ „Was trägst du unter der Schürze?“ „Kuchen und 
Wein; gestern haben wir gebacken, da soll sich die kranke 
und schwache Großmutter etwas zu gute tun und sich damit 
stärken.“ „Rotkäppchen, wo wohnt deine Großmutter?“ „Noch 
eine gute Viertelstunde weiter im Walde; unter den drei großen 
Eichbäumen, da steht ihr Haus, unten sind die Nußhecken, 
das wirst du ja wissen,“ sagte Rotkäppchen. Der Wolf dachte 
bei sich: „Das junge, zarte Ding, das ist ein fetter Bissen, 
der wird noch besser schmecken als die Älte; du mußt es 
listig anfangen, damit du beide erschnappst.“ Da ging er ein 
Weilchen neben Rotkäppchen her, dann sprach er: „Rotkäppchen, 
sieh einmal die schönen Blumen, die ringsumher stehen; warum 
guckst du dich nicht um? Ich glaube, du hörst gar nicht, wie 
die Vöglein so lieblich singen? Du gehst ja für dich hin, als 
wenn du zur Schule gingst, und es ist so lustig draußen in 
dem Walde.“ 
Rotkäppchen schlug die Äugen auf, und als es sah, wie 
die Sonnenstrahlen durch die Bäume hin und her tanzten und 
alles voll schöner Blumen stand, dachte es: „Wenn ich der 
Tromnau, Lesebuch für Mittelschulen. I. 7
	        
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