Full text: (Für das 2. und 3. Schuljahr) (Teil 1)

Brüderchen und Schwesterchen. 
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du ein Neh und läufst mir fort." Uber das Brüderchen hatte sich 
gleich beim Brünnlein niedergekniet, hinabgebeugt und von dem 
Wasser getrunken, und wie die ersten Tropfen auf seine Lippen 
gekommen waren, lag es da als ein Nehkälbchen. 
3. Nun weinte das Schwesterchen über das arme, verwünschte 
Brüderchen, und das Nehchen weinte auch und saß so traurig neben 
ihm. Da sprach das Mädchen endlich: ,,5ei still, liebes Nehchen, 
ich will dich ja nimmermehr verlassen!" Dann band es sein goldenes 
Ztrumpfband ab, tat es dem Nehchen um den hals, rupfte Binsen 
und flocht ein weiches Seil daraus. Daran band es das Tierchen 
und führte es weiter und ging immer tiefer in den Wald hinein. 
Nls sie lange, lange gegangen waren, kamen sie endlich an ein 
kleines Haus. Vas Mädchen schaute hinein, und weil es leer war, 
dachte es: ,,hier können wir bleiben und wohnen." 
Da suchte es dem Nehchen Laub und Moos zu einem weichen 
Lager, und jeden Morgen ging es aus und sammelte sich wurzeln, 
Beeren und Nüsse, und für das Nehchen brachte es zartes Gras 
mit, das fraß es ihm aus der Hand, war vergnügt und spielte 
vor ihm herum. Nbends, wenn Zchwesterchen müde war und sein 
Gebet gesagt hatte, legte es seinen Kopf aus den Nücken des Neh- 
kälbchens,' das war sein Nissen, darauf es sanft einschlief. Und 
hätte das Brüderchen nur seine menschliche Gestalt gehabt, es wäre 
ein herrliches Leben gewesen. 
4. Das dauerte eine Zeitlang, daß sie so allein in der Wildnis 
waren. Es trug sich aber zu, daß der König des Landes eine 
große Jagd in dem Walde hielt. Da schallte das Hörnerblasen, 
Hundegebell und das lustige Geschrei der Jäger durch die Bäume. 
Vas Nehlein hörte es und wäre gar zu gern dabei gewesen. ,,Uch," 
sprach es zum Zchwesterlein, ,,laß mich hinaus in die Jagd! Ich 
kann's nicht länger mehr aushalten," und bat so lange, bis es ein¬ 
willigte. ,,Uber," sprach es zu ihm, ,,komm mir ja abends wieder! 
vor den wilden Jägern schließ' ich mein Türlein, und damit ich 
dich kenne, so klopf und sprich: ,Mein Zchwesterlein, laß mich 
herein!‘ wenn du nicht so sprichst, so schließ' ich mein Türlein 
nicht auf."
	        
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