108
Der Sandmann.
ihr Lager verließ, siehe, da lagen ein Paar neue, fertig
gestrickte Strümpfe auf dem Tisch. Das wunderte die Frau
über alle Maßen; am nächsten Äbend legte sie die Nadeln
wieder auf den Tisch, und am Morgen darauf lagen neue
Strümpfe da. Jetzt merkte sie, daß zum Lohn ihres Mitleids
mit dem kranken Kätzchen ihr diese fleißigen Nadeln beschert
waren, und ließ dieselben nun jede Nacht stricken, bis sie und
die Kinder Strümpfe genug hatten. Dann verkaufte sie auch
Strümpfe und hatte genug bis an ihr seliges Ende.
112. Der Sandmann.
Hermann Kletke.
1. Zwei feine Stieflein hab’ ich an,
mit wunderweichen Söblchen dran;
ein Säcklein hab’ ich hinten auf,
husch, trippl’ ich rasch die Trepp’ hinauf.
Und wenn ich in die Stube tret’, —
die Kinder beten das Abendgebet,
von meinem Sand zwei Körnelein
streu’ ich auf ihre Äugelein;
da schlafen sie die ganze Nacht
in Gottes und der Englein Wacht.
2. Von meinem Sand zwei Körnelein
streut’ ich auf ihre Äugelein;
den frommen Kindern soll gar schön
ein froher Traum vorübergehn.
Nun risch und rasch mit Sack und Stab
nur wieder jetzt die Trepp’ hinab!
Ich kann nicht länger müßig stehn,
ich muß noch heut zu vielen gehn! —
Nun seht, mein Säcklein öffnet’ ich kaum,
da nickt ihr schon und lächelt im Traum.