260 Unerschrockenheit des Königs Wilhelm I. klm Eckfenster unter den Linden.
270. LlnersdirockenKeit dos Königs Wilhelm
des Ersten.
Nach Hiltl.
Am 3. Juli 1866 führte König Wilhelm bei Königgrätz
seine Soldaten selbst in den blutigen Kampf. Er achtete gar
nicht darauf, daß Kanonenkugeln dicht neben ihm vorbeiflogen
und in die Erde einschlugen. Plötzlich saust eine Granate
heran und tötet einige Soldaten in der Nähe des Königs.
Der König hatte seinen Blich auf die Schlachtreihen gerichtet
und merkte gar nicht, wie sein Leben bedroht war. Keiner
seiner Begleiter wagte es, ihn zu bitten, daß er sich nicht so
der Gefahr aussetze. Nur einer faßte endlich den Mut. Es
war der Graf Bismarck, des Königs erster Ratgeber und
Minister. Er ritt an den König heran und sagte: „Ich bitte
Eure Majestät, Ihr Leben nicht in Gefahr zu bringen.“ Der
König sagte mit freundlichem Ernst: „Sie haben recht getan.
Aber wie kann ich davon reiten, wenn meine Armee im
Feuer steht? Bei diesen Braven ist mein Platz. Ich weiß,
wohin ein König von Preußen gehört.“
271. Äm Eckfenster unter den Linden.
Äugust Wolter.
1. Was war es um die Mittagszeit täglich für ein Drängen
und Wogen um das schlichte Palais des alten Kaisers! Wie
strömten die Menschen herzu, die Linden hinab bis zum Denk¬
mal Friedrichs des Großen! Wenn von der Zinne des Schlosses
die purpurne Kaiserstandarte flatterte, so wußte ein jeder, daß
der Herrscher anwesend war, und schon von der elften Stunde
an begann sich der Platz zu füllen. Einzelne Gruppen, be¬
sonders Fremde, harrten geduldig stundenlang, ob Regen oder
Sonnenschein, ob Sommertag oder Winterkälte. Je näher die
Mittagszeit rückte, desto mehr wuchs die Zahl der Menschen:
Männer und Frauen aus allen Klassen der Bevölkerung, Offi¬
ziere und Arbeiter, vornehme Damen und schlichte Frauen, ein