Freundliche Fürsprache.
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Kind auf dem Arm, das andere an der Hand, Schulbuben und
barfüßige Straßenjungen, der Student, der Laufbursche, der
Straßenbummler.
2. Plötzlich ertönt Militärmusik; die neue Wache rückt heran.
Das ist der Äugenblick, auf den alles gewartet hat Im Parade¬
schritt kommen die Grenadiere daher. „Faßt das Gewehr an!“
schallt das Kommando, und aller Äugen wenden sich rechts.
Ein leises, freudiges Aufatmen geht durch die Menge, und
die Häupter entblößen sich zum ehrfurchtsvollen Gruß; denn
hinter den Spiegelscheiben des Eckfensters seines Arbeits¬
zimmers ist das ehrwürdige Antlitz des Kaisers erschienen.
Mit prüfendem Äuge blicht er nach jedem Gliede der vorbei¬
marschierenden Wache, bis der letzte Mann vorüber ist. So
lange wartet die Menge stumm; dann aber bricht plötzlich ein
donnerndes Hoch aus vielen Hunderten von Kehlen, und immer
aufs neue, wenn der Kaiser grüßend das Haupt neigt, wieder¬
holt sich der Hurraruf. So geschah es tagaus, tagein, Jahr um
Jahr. Und die Glücklichen, die den geliebten Herrscher sahen,
werden noch ihren Enkeln davon erzählen.
272. Freundliche Fürsprache.
August Wolter.
Ein Einjähriger vom I. Garde-Negiment war zugleich Gärtner
auf Babelsberg, dem schönen Schlosse unseres Heimgegangenen Kaisers
an dem Ufer der l)avel, in der Nähe von Potsdam. Unverhofft
kam eines Tages Kaiser Wilhelm nach Babelsberg. Oer Gärtner,
der bei der Arbeit die Uniform abgelegt und seine Arbeitskleidung
angezogen hatte, mußte ihn im parke begleiten und ihm das Schönste
und Auffallendste zeigen, was die Jahreszeit hervorgebracht hatte.
Oer junge Mann sprach gut und schön und gab dem Kaiser vor¬
treffliche Antworten, so daß dieser seine Freude an ihm hatte. Auf
einmal wurde der Gärtner unruhig; ja er sah sogar nach der Uhr,
was in Gegenwart des Kaisers nicht schicklich war. ,,U)as ist Ihnen,
junger Mann?" fragte der Kaiser. ,,Ach, Majestät," antwortete
dieser, ,,ich diene beim I. Garde-Negiment als Einjährig-Freiwilliger