Full text: (Für das 4. und 5. Schuljahr) (Teil 2)

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Der alte Großvater. 
Kind, daß es zum Tode erkrankte. Drei Tage und drei Nächte 
wachte, weinte und betete die Mutter bei ihrem geliebten Kinde,- aber 
es starb. Da erfaßte die Mutter ein namenloser Schmerz, und 
sie aß nicht und trank nicht und weinte, weinte wieder drei Tage 
lang und drei Nächte lang ohne Nufhören und rief nach ihrem Kinde. 
wie sie nun so voll tiefen Leides in der dritten Nacht saß, 
an der Stelle, wo ihr Kind gestorben war, da ging leise die Tür auf, 
und die Mutter schrak zusammen,- denn vor ihr stand ihr ge¬ 
storbenes Kind. Das war ein seliges Engelein geworden und lächelte 
süß wie die Unschuld und schön wie in Verklärung. Ls trug aber 
in seinen Händchen ein Krüglein, das war schier übervoll. Und das 
Kind sprach: ,,G lieb Mütterlein, weine nicht mehr um mich! Siehe, 
in diesem Krüglein sind deine Tränen, die du um mich vergossen hast; 
der Engel der Trauer hat sie in dieses Gefäß gesammelt. Wenn 
du nur noch eine Träne um mich weinst, so wird das Krüglein 
überfließen, und ich werde dann keine Uuhe haben im Grabe und 
keine Seligkeit im Himmel. Darum, o lieb Mütterlein, weine nicht 
mehr um dein Kind ,- denn dein Kind ist wohl aufgehoben, ist glück¬ 
lich, und Engel sind seine Gespielen." Damit verschwand das tote 
Kind, und die Mutter weinte hinfort keine Träne mehr. 
34. Der alte Großvater. 
Gebrüder Grimm. 
Es war einmal ein alter Mann, der konnte kaum gehen. Seine 
Knie zitterten. Er hörte und sah nicht viel und hatte keine Zähne 
mehr, wenn er nun bei Tisch saß und den Löffel kaum halten 
konnte, schüttete er die Suppe auf das Tischtuch, und es floß ihm 
auch etwas wieder aus dem Munde. Sein Sohn und dessen Frau 
ekelten sich davor, und deswegen mußte sich der alte Großvater 
in die Ecke hinter dem Gfen setzen. Sie gaben ihm sein Essen in 
einem irdenen Schüsselchen, und noch dazu nicht einmal satt. Da sah 
er betrübt nach dem Tische, und die Nugen wurden ihm naß. Ein¬ 
mal konnten seine zitternden Hände das Schüsselchen nicht festhalten; 
es fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schalt; er aber 
sagte nichts und seufzte nur. Da kaufte sie ihm ein hölzernes 
Schüsselchen, aus dem er essen mußte, wie sie nun mit ihrem Mann 
am Tische sitzt, trägt der kleine Enkel von vier Jahren auf der Erde 
kleine Brettlein zusammen. ,,was machst du da?" fragte der Vater. 
,,Ei," antwortete das Kind, ,,ich mache ein Tröglein; daraus sollen 
Vater und Mutter essen, wenn ich groß bin." Da sahen sich Mann
	        
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