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5. Auf der Felsen nackte Rippen
klettert sie mit leichtem Schwung,
Durch den Ritz geborst'ner Klippen
Trägt sie der gewagte Sprung;
Aber hinter ihr vermögen
Folgt er mit dem Todesbogen.
6. Jetzo auf dem schroffen Zinken
Hängt sie, auf dem höchsten Erat,
Wo die Felsen jäh versinken
Und verschwunden ist der Pfad.
Unter sich die steile Höhe,
Hinter sich des Feindes Nähe.
7. Mit des Jammers stummen Blicken
Fleht sie zu dem harten Mann,
Fleht umsonst, denn loszudrücken,
Legt er schon den Bogen an.
Plötzlich aus der Felsenspalte
Tritt der Geist, der Bergesalte.
8. Und mit seinen Götterhänden
Schützt er das gequälte Tier.
,,Mutzt du Tod und Jammer senden,"
Ruft er, „bis heraus zu mir?
Raum für alle hat die Erde;
Was verfolgst du meine Herde?"
214. Die Gotthardbahn.
Karl Lange.
In die Reihe der großen vollendeten Alpenlinien ist am 1. Juni
1882 eine neue getreten, die Gotthard bahn. Rach der Eröffnung
der Brennerbahn im Jahre 1867 und noch mehr, als 1872 die Mont
Conisbahn dem Verkehr übergeben worden war, verspürte man in
der Schweiz die Abnahme des Güterverkehrs in der fühlbarsten Weise.
Die alten besuchten Alpenstratzen vereinsamten; einzelne Kantone, die
bisher mitten im Verkehr gelegen, verloren von Jahr zu Jahr an
Bedeutung. Dem mutzte abgeholfen werden, und das konnte nur geschehen
durch den Bau einer Bahn, welche, die Schweiz durchschneidend, Ober-