Full text: [Teil 4 = 5. - 6. Schulj] (Teil 4 = 5. - 6. Schulj)

7. Da ruft der Greis so freudig bang': 
„Sagt an, was ihr erschaut! 
Mein Schwert, ich kenn's am guten Klang, 
es gab so scharfen Laut." — 
„Der Räuber ist gefallen, 
er hat den blut'gen Lohn. 
Heil dir, du Held vor allen, 
du starker Königssohn!" 
8. Und wieder wird es still umher, 
der König steht und lauscht: 
„Was hör' ich kommen übers Meer? 
Es rudert, und es rauscht!" 
„Sie kommen angefahren, 
dein Sohn mit Schwert und Schild, 
in sonnenhellen Haaren 
dein Töchterlein Gunild." 
9. „Willkommen!" ruft vom hohen Stein 
der blinde Greis hinab, 
„nun wird mein Alter wonnig sein 
und ehrenvoll mein Grab. 
Du legst mir, Sohn, zur Seite 
das Schwert von gutem Klang; 
Gunilde, du Befreite, 
singst mir den Grabgesang!" 
Ludwig Uh land. 
12. Der tote Soldat. 
s. Auf ferner, fremder Aue, 
da liegt ein toter Soldat, 
ein ungezählter, vergeßner, 
wie brav er gekämpft auch hat. 
2. Es reiten viel Generale 
mit Areuzen an ihm vorbei; 
denkt keiner, daß, der da lieget, 
auch wert eines Areuzleins sei. 
3. Es ist um manchen Gefallnen 
viel Frag' und Kammer dort; 
doch für den armen Soldaten 
gibt's weder Träne noch Wort. 
% Doch ferne, wo er zu Haufe, 
da fitzt beim Abendrot 
ein Vater voll banger Ahnung 
und sagt: „Gewiß, er ist tot!" 
5. Da sitzt eine weinende Mutter 
und schluchzet laut: „Gott helf'! 
Er hat sich angemeldet; 
die Ahr blieb stehn um elf." 
6. Da starrt ein blasses Mädchen 
hinaus ins Dämmerlicht: 
„And ist er dahin und gestorben, 
meinem Herzen stirbt er nicht!" — 
7. Drei Augenpaare schicken, 
so heiß es ein Herz nur kann, 
für den armen toten Soldaten 
ihre Tränen zum Himmel hinan. 
8. And der Himmel nimmt die 
Tränen 
in einem Wölkchen auf 
und trägt es zur fernen Aue 
hinüber in raschem Lauf 
9. und gießt aus der Wolke die Tränen 
aufs Haupt des Toten als Tau, 
daß er unbeweint nicht liege 
auf ferner, fremder Au. 
Johann Gabriel Seidl.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.