Full text: Viertes, fünftes und sechstes Schuljahr (Teil 2)

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13. Bei der Großmutter. 
(Gottfrieds Vater ist der Vorsteher der Vrüdergemeine in Herrenfeld. Die Familie 
wohnt erst kurze Zeit in der neuen Heimat, die Großmutter, deren Liebling der neun¬ 
jährige Gottsricd ist, hat sich eine eigne Wohnung in ziemlicher Entfernung vom Vor¬ 
steherhause geinietet. Nach längerem Sträuben willigen die Eltern ein, daß Gottfried 
zur Großmutter zieht; Mittag- und Abendbrot soll er mit der Großmutter im Eltern¬ 
hause einnehmen.) 
1. Gottfried siedelte zu seiner größten Freude in das Haus der Gro߬ 
mutter über. Dieses lag am Westende des Ortes im letzten Haus der 
neuen Gasse. Auf zwei Seiten stieß es an Gärten und Wiesen des 
angrenzenden Dorfes Leipa. Schon nach wenigen Tagen begann Gottfried 
den großen Garten, der zu Großmutters Haus gehörte, zu burchwandeln 
und weiterhin die Hecke, den Bretterzaun und eine alte, sehr abgenutzte 
Laube einer genaueren Untersuchung zu unterziehen. 
Durch ein ziemlich großes Guckloch in der Laube, das sich vielleicht 
durch emsige Arbeit auch zu einem Schlupfloch erweitern ließ, beherrschte 
man den ganzen linken Nachbargarten, in dem es nebenbei zahme Kanin¬ 
chen gab. 
In der Hecke hatte sich ferner eine halb verwachsene Lücke auffinden 
lassen, durch die man bei einiger Gewandtheit in den schönen, freien Hühner- 
hof des rechts gelegenen Bauerngutes kriechen konnte. Und im Bretterzaun 
endlich ließ sich ein wackliges Brett so merkwürdig verschieben, daß man 
ganz prächtig hindurchhuschen und auf eine weite Roßweide gelangen konnte, 
die aus drei Seiten mit hohen, breiten Mauern umgeben war. Überhaupt 
diese Mauern! Auf ihnen konnte man ganz bequem einherspazieren. Es 
war herrlich! 
Besonders aufregend war der Genuß dieses Lustwandelns, wenn ein 
oder gar zwei mutwillige Fohlen auf der Weide umhergaloppierten, die 
der Zuschauer ganz weidlich necken konnte, ohne dabei Gefahr zu laufen, 
von ihren Husen zerstampft zu werden. 
2. Doch die verschwiegenen Herrlichkeiten der großmütterlichen Re¬ 
sidenz waren noch nicht zu Ende. Es gab neben dem Garten noch einen 
Schweinestall mit drei ganz richtigen Ferkeln, die in ihrer rosigen Appetit- 
lichkeit Gottfried nichts weniger als ferkelhaft, sondern höchst anmutig 
erschienen. 
Und zehn Schritt weiter fand sich schließlich auch eine Hundehütte, 
deren rechtmäßiger Bewohner, ein großer, biederer Plöter von sonderbarer 
Art, einem in der Mansardenwohnung hausenden Nachtwächter zugehörte. 
Mit ünurps, so hieß der Hund, ließ sich vor der Hand noch keine per¬ 
sönliche Freundschaft schließen, da man sich leider zu wenig kannte. Immer¬ 
hin betrachtete man sich gegenseitig einstweilen mit großer Teilnahme, 
ja bald mit einem offenbaren Wohlgefallen, das mit Winken auf der einen,
	        
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