Full text: Viertes, fünftes und sechstes Schuljahr (Teil 2)

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findet auf Meilenstrecken den Wald verzehrt und die furchtbare Düne 
die einzige Herrscherin im Lande. 
(Unter Führung ihres Pfarrherrn, eines entschlossenen, tatkräftigen Mannes, 
fangen die Strandbewohner an, sich gegen ihren grimmigen Feind, den Sand, zu 
wehren.) 
5. Es wurden Strauchzäune ausgeführt rings um das Dorf herum, 
nach allen Seiten nicht sehr hoch, nur halber Manneshöhe, überall vier 
Reihen hintereinander, doch nicht jede geschlossenen Ringes, sondern so, 
daß immer die folgende die Lücken der andern deckte und erst alle vier 
zusammen den ganzen Ring darstellten. So hatten sie halbe Arbeit, be¬ 
hielten freien Paß überall und war das Ganze doch anzusehen wie eine 
Rundmauer. 
Wenn nun der Wind stärker ging und den Sand bewegte, so fing 
sich der Sand an dem Geflecht, blieb liegen und häufte sich auf, so daß 
nun die Häuser für lange Zeit geschützt waren vor dem rinnenden Strom. 
Zugleich aber bildeten sich solcherart an den Zäunen lauter kleine Erdwälle 
oder Schanzen aus Sand, durch die keine Kugel hindurchging, um ihres 
lockeren Gefüges willen. Das zeigte der Prediger eines Tages seinen 
Leuten, indem er die Haubitze scharf lud und dagegen feuerte ohne Schaden. 
(Nach etwa 20 Jahren schreibt die Tochter des Barons von Kieköwer an ihre 
Schwester folgendes.) 
6. „Es ist ein großes Unheil über unsere Küste ergangen, eine 
grausame Sturmflut von Norden her, die hat viel Unheil vollbracht 
an allen Enden, am allermeisten aber vor unsern Augen drüben überm 
See bei den freien Fischern. Wir haben gesehen, daß der Sand leben¬ 
dig wurde und aufstieg über dem Lande gleich einer Wolke oder wie 
der Rauch eines ungefügen Feuers. Und als der Sturm abließ und wir 
hinüberfuhren, da sahen wir, daß der Dünenberg hinter dem Dorfe war 
inächtig in die Höhe gewachsen und stand dahinter steil aufgereckt wie ein 
trotzender Riese. Im Dorf aber war der Schreck sehr groß, und fanden 
wir Jammers und Wehklagens genug, und meinten alle, daß der Teufel 
selber die Hand müsse am Werke gehabt haben. — Wir aber meinen, der 
neue Waldschaden, den die Polen durch das Niederschlagen des Strand¬ 
waldes gemacht, der ist schuld, daß der Sand so mächtig geworden. 
Es war aber dieser Sand mit solcher Gewalt von der Höhe geschossen, 
daß er etlichen Häusern das Dach zerrissen hat zum Klaffen und standen 
elend offen, und andern war von hinten her die Wand eingedrückt, denn 
der Sandhaufen stemmte sich dagegen wie eine Sturmwelle. Alle Häuser 
aber insgesamt waren in ihrem Innern so hoch mit Sand bedeckt, daß 
man bis an die Knie darinnen watete. — Und ist auch leider klärlich 
zu sehen an dem Dünenberge, daß dieses Unheils niemals ein Ende mehr 
sein wird, sondern es muß bei jedem Sturme nur immer größer werden,
	        
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